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Die Schweizer Kunstturn-Legende Josef Stalder vom BTV Luzern gehörte zu den Weltbesten seines Fachs in den Nach-Kriegsjahren. Der 1991 verstorbene Luzerner gewann insgesamt 14 Medaillen an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Doch nicht unbedingt diese imposante Medaillensammlung trug Stalder am Samstag posthum eine Ehrung bei der «International Gymnastics Hall of Fame (IGHOF)» in Oklahoma City (USA) ein. Vielmehr zeigt sich das IGHOF-Gremium von einem Element beeindruckt, das Stalder erfand und beim Reck-Olympiasieg 1948 erstmals der Turn-Welt präsentierte: Die nach ihm benannte «Staldergrätsche». «Die Staldergrätsche ist ein Turnelement, das heute noch, mehr als 70 Jahre nach seiner Einführung bei Stalders Reck-Olympiasieg 1948 in London, sowohl von Männern als auch von Frauen in Turnübungen auf hohem Niveau geturnt wird», sagte IGHOF-Präsident Bart Connor, der am Samstag zusammen mit seiner Ehefrau, Turnweltstar Nadia Comaneci, die Ehrung vornahm.
Bart Connor (66) weiss wovon er spricht: Der US-Doppelolympiasieger von 1984 hatte den «Stalder» ebenfalls geturnt, genauso wie 1989 in die USA ausgewanderte Rumänin Nadia Comaneci (62), die den «Stalder» 1980 als eine der ersten Turnerinnen am Stufenbarren auf Weltklasse-Niveau zeigte. «Es gibt kein anderes nach einem Turner benanntes Element, das die Welt des Turnsports länger und stärker prägte als die Staldergrätsche», wurde in der Laudatio zum geehrten Luzerner gesagt.
«Staldergrätsche» durch Zufall erfunden
Josef Stalder war bei seinem Reck-Olympiasieg 1948 in London nicht bewusst gewesen, was Spektakuläres fürs Turnen vollbracht zu haben, wie er mal erklärte. Seltsamer Weise habe auch niemand über das Element gesprochen. Lediglich an der hohen Bewertung habe sich der Neuheitswert widerspiegelt. Auf das Element kam Stalder durch Zufall: Ein Vereinskollege (Walter Rudin) rutschte beim Grätschumschwung mit den Füssen von der Stange, unterbrach den Umschwung aber nicht. Stalder baute die Grätsche vom und zum Handstand aus.
Sechs Schweizer in der «Hall of Fame»
Josef Stalder ist nach Eugen Mack und Jack Günthard, sowie drei Funktionären der sechste Schweizer, dessen Verdienste mit einer Ehrentafel in der International Gymnastics Hall of Fame gewürdigt wird. Seit 1988 wurden 140 der grössten Stars und Leistungsträger des Turnsports aus 22 Ländern in die «Hall of Fame» aufgenommen.
Erfinder-Elemente heute streng reglementiert
Im Kunstturnen der Männer gibt es gegen 300 Elemente, die nach dem Namen des Erfinders benannt sind. Rund ein Dutzend tragen Namen von Schweizern, wie der «Baumann», «Piatti», oder «Steinemann». Viele Elemente werden in den Wertungsunterlagen nicht mehr aufgeführt, weil die Namens-Bezeichnung – anders als zu Zeiten Stalders – streng reglementiert wurde. Heute erhält ein neues Element den Namen des Erfinders erst, wenn das Elemente von einem Gremium des Internationalen Turnverbandes (FIG) homoligiert und im Schwierigkeitsgrad eingestuft worden ist.
Aufnahme finden nur Elemente ab Kat. C und die an offiziellen FIG-Wettkämpfen erstmals gezeigt wurden. Der Verband des Turners hat «baldmöglichst nach dem Wettkampf» Videos und Zeichnungen vorzulegen.