Klare und transparente Regeln für alle STV-Sportarten

  • 31. Mai 2024

  • Fabio Baranzini

  • Martin Fröhlich

  • Erschienen im Gymlive 2/2024

Der Schweizerische Turnverband will ab 2025 alle Sportarten einstufen, die unter seinem Dach gefördert werden. Wir erklären, wofür diese Einstufung genutzt werden und nach welchen Kriterien sie erfolgen soll. Der Prozess dauert noch bis Ende 2024 an, aber wir gewähren euch bereits jetzt einen exklusiven Einblick in die Projektarbeit.

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2022 hat der Schweizerische Turnverband (STV) eine grundlegende Restrukturierung umgesetzt. Davon waren auch die Abteilungen Spitzensport und Breitensport betroffen, die es so heute nicht mehr gibt. Mittlerweile sind alle Sportarten unter dem Dach des STV in der Abteilung Sportförderung angesiedelt – unabhängig davon, ob sie Spitzensport oder Breitensport oder beides betreiben. Die Idee dahinter ist einfach: Im STV werden alle Sportarten gefördert, ganz egal auf welchem Niveau. Darum gehören sie allesamt in die Abteilung Sportförderung.

Wir brauchen eine saubere, transparente und für alle verständliche Einstufung aller Sportarten unter dem Dach des STV.
Jérôme Hübscher Chef Sportförderung beim STV

Gleichzustellen sind die STV-Sportarten aber trotzdem nicht. Denn allein schon aufgrund ihrer Grösse und ihres Stellenwertes – mit Kunstturnen, Rhythmischer Gymnastik und Trampolin sind auch drei olympische Sportarten mit dabei – sind die Anforderungen und Herausforderungen ganz andere. Auch die Veranstaltungen, die in diesen Sportarten durchgeführt werden, sind völlig verschieden. «Uns war klar, dass wir mit dieser neuen Struktur zwingend auch einen saubere, transparente und für alle verständliche Einstufung aller Sportarten unter dem Dach des STV brauchen. Ansonsten wird es immer die eine oder andere Sportart geben, die sich benachteiligt fühlt. Das wollen wir verhindern», sagt Jérôme Hübscher.

Ein Projekt mit riesigen Dimensionen

Hübscher ist Chef Sportförderung beim Schweizerischen Turnverband und leitet die Arbeitsgruppe für die Einstufung der Sportarten innerhalb des STV. Diese wurde im Sommer 2022 ins Leben gerufen und hat die Aufgabe, ein objektives und transparentes System mit messbaren Kriterien für die Einstufung der Sportarten zu entwickeln. Was von aussen auf den ersten Blick nicht nach einer allzu schwierigen Aufgabe aussieht – es sind ja nicht «nur» knapp 20 Sportarten, die eingestuft werden müssen – entpuppte sich bei genauerem Hinsehen schnell als grosse Herausforderung. Jérôme Hübscher erklärt weshalb: «Um so vielen Sportarten gerecht zu werden, müssen diese zwingend in den Prozess miteinbezogen werden. Das führt dazu, dass sehr viele Personen involviert sind und damit die Prozesse in der Erarbeitung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Einstufung der Sportarten ist ein sehr aufwändiges Projekt mit einer riesigen Dimension, da sie Auswirkungen in ganz viele andere Bereiche des Verbandes hat – beispielsweise in die Arbeit der Abteilung Marketing Kommunikation und Sponsoring oder auch im Bereich Finanzen.»

FTEM-Modell

  • Sportförderung: (F – T1) Fundament/Basis (hier beginnen alle Sportlerinnen und Sportler ihren Werdegang).
  • Olympische Mission: Talent (T1 – T4), Elite (E1 – E2), Master (M)

«FTEM Schweiz» beruht auf vier Schlüsselbereichen: F steht für Foundation (Fundament, Breitensport, lebenslanges Sporttreiben), T für Talent, E für Elite und M für Mastery (Weltklasse). Diese vier Schlüsselbereiche sind in zehn Phasen aufgeteilt (F1, F2, F3, T1, T2, T3, T4, E1, E2, M). Aufgrund sportartspezifischer Bedürfnisse können Phasen hinzugefügt, gestrichen oder auch umbenannt werden.

Dafür wird die Einstufung gebraucht

Bevor wir uns im Detail anschauen, wie die Kriterien für die Einstufung künftig aussehen, wollen wir klären, wofür diese Einstufung denn überhaupt gebraucht wird, respektive was die Konsequenzen der Einstufung für die jeweiligen Sportarten sind. Bis jetzt war es so, dass es nicht für alle Sportarten des STV eine Einstufung gab. Man kannte lediglich die Einstufung von Swiss Olympic, doch die betraf nur die vier STV-Sportarten Kunstturnen, Rhythmische Gymnastik, Trampolin und Faustball. Alle anderen Sportarten wurden nicht eingestuft und entsprechend gab es keine Übersicht und auch keine klare Regelung, wie die Unterstützungsleistungen von Seiten des Verbandes für die jeweiligen Sportarten aussehen. Genau das soll mit der neuen Einstufung jedoch möglich sein. «Auf Basis der Einstufung wird die Höhe der finanziellen Unterstützung festgelegt, welche die Sportarten erhalten», sagt Jérôme Hübscher. Es geht jedoch nicht nur ums Geld. «Auch die Ressourcen der Geschäftsstelle, sowie die Einstufung der Veranstaltung und die damit verbundenen Unterstützungsleistungen – beispielsweise im Bereich Kommunikation – sollen künftig abhängig sein von dieser Einstufung.» Die Einstufung hat also einen grossen Einfluss auf die jeweiligen Sportarten und entsprechend wichtig ist es, dass sie transparent und nachvollziehbar ist.

Das sind die Kriterien

Nach vielen Diskussionen konnte die Arbeitsgruppe die anfänglich 19 definierten Kriterien für die Einstufung auf deren fünf reduzieren. Das sind die folgenden Kriterien:

  • Das Total der J+S-Beiträge einer Sportart – dieser Wert wird vom Bundesamt für Sport geliefert, welches die J+S-Beiträge auszahlt.
  • Die Anzahl Athletinnen und Athleten einer Sportart
  • Die Anzahl Vereine einer Sportart
  • Die Anzahl Kantonalverbände einer Sportart
  • Das Potenzial einer Sportart. Dieser Wert wird durch eine Umfrage bei der Geschäftsleitung und dem Zentralvorstand des STV evaluiert. Es gilt der Medianwert dieser Umfrage, an der 16 Personen teilnehmen.

Beim Kriterium der J+S-Beiträge können die Sportarten bis zu fünf Punkte holen. Das Potenzial, sowie die Anzahl Athletinnen und Athleten und die Anzahl Vereine werden mit bis zu vier Punkten belohnt und die Anzahl der Kantonalverbände mit drei Punkten. So können die Sportarten ein Maximum von 20 Punkten holen. «Bis auf die Einschätzung des Potenzials einer Sportart basieren alle Kriterien auf harten Fakten, über die nicht diskutiert werden kann und die alle Sportarten kennen. So wissen sie auch genau, an welchen Punkten sie arbeiten müssen, wenn sie eine höhere Einstufung erreichen wollen», erklärt Jérôme Hübscher.

So wissen in den Sportarten alle genau, woran sie arbeiten müssen, um eine höhere Einstufung zu erreichen.
Jérôme Hübscher Chef Sportförderung beim STV

Ab 2025 wird eingestuft

Für die Sportarten, die sich auch mit der internationalen Konkurrenz messen, gibt es noch zwei weitere Kriterien: Die Anzahl der Länder, welche diese Sportart ausüben und die Resultate an Europa- und Weltmeisterschaften.

Beide Kriterien werden mit je fünf Punkte bewertet, so dass internationale Sportarten auf ein Total von 30 Punkten kommen können. Diese fünf respektive sieben Kriterien wurden mit allen Sportarten besprochen und sie wurden auch von allen Sportarten akzeptiert. Bis jetzt wurde allerdings noch keine Einstufung der Sportarten präsentiert. Das wird im Sommer 2024 erstmals der Fall sein. Gültig wird die Einstufung dann ab dem Jahr 2025, wobei erst ab 2026 die Einstufung richtig greifen wird. Dies weil die Einstufung für das Jahr 2025 erst in den Budgetprozess 2026 eingearbeitet werden kann. Die Einstufung der Sportarten soll künftig alle zwei Jahre aktualisiert werden.

WAS GILT ALS EIGENSTÄNDIGE SPORTART?

Bei der Erarbeitung der Kriterien für die Einstufung der Sportarten stellte sich ganz zu Beginn des Projekts die Frage, was denn eigentlich als eigenständige Sportart gelten soll. Denn wie definiert man eine Sportart? Klar ist, die verschiedenen Sportarten haben auch verschiedene Verbandszugehörigkeiten: entweder das Bundesamt für Sport, Swiss Olympic, das internationale Olympische Komitee (IOC) oder der internationale Turnverband (FIG) Momentan ist die Arbeitsgruppe daran, die Definitionen zu erarbeiten.

EINIGE ZAHLEN IM ÜBERBLICK

KATEGORIEN: olympisch, international, national, regional

5 KRITERIEN für Einstufung nationale Sportarten (max. 20 Punkte)

7 KRITERIEN für Einstufung internationale Sportarten (max. 30 Punkte)

Alle 2 JAHRE wird neu eingestuft

Jede Sportart braucht ein eigenes Förderkonzept

Als das Projekt für die Einstufung der Sportarten innerhalb des STV bereits am Laufen war, hat Swiss Olympic entschieden, dass künftig alle Sportarten – nicht nur die olympischen – ein Förderkonzept einreichen müssen. «Für uns war klar, dass wir als STV nicht einfach ein Konzept für alle unsere Sportarten einreichen können, da diese sehr verschieden und komplex sind. Das haben wir bereits bei der Erarbeitung der Einstufung gesehen. Wir haben deshalb in Absprache mit Swiss Olympic entschieden, dass wir für alle sechzehn Sportarten ein eigenes Förderkonzept schreiben», erklärt Jérôme Hübscher, Chef Sportförderung beim STV. Die Erarbeitung der Förderkonzepte wurde nicht von denselben Leuten vorgenommen, welche auch die Einstufung der Sportarten erarbeitet haben. Allerdings haben die beiden Arbeitsgruppen sehr eng zusammengearbeitet.

Was sollte so ein Förderkonzept beinhalten?

Im Merkblatt heisst es: «Swiss Olympic empfiehlt den Verbänden, das Thema der Vereinsunterstützung und -entwicklung ebenfalls konzeptionell aufzuarbeiten, sowie eine Abstimmung zwischen dem Breitensportkonzept und dem Anlagenkonzept.

Es empfiehlt sich, das Förderkonzept alle vier bis sechs Jahre zu überprüfen und zu aktualisieren.

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