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Zur Person Julien Crisinel
Name: Julien Crisinel
Geburtsdatum: 14. Dezember 1982
Wohnort: Martherenges (Waadt)
Beruf: Rehatechniker
Verein: FSG Saint-Cierges (Gymvaud)
Hobbys: Ski, Musik, Lesen
Besonderes Talent: Wenn es gemütlich zu und her geht, bin ich nicht der erste der Tschüss sagt.
Nächstes Jahr im Juli wird Lausanne das Eidgenössische Turnfest (ETF) austragen. Für Julien Crisinel, den Gesamtwettkampfleiter und gebürtigen Waadtländer, bedeutet dies ein Fest an dem Ort, an dem seine Liebe zum Turnen begann. Doch nicht nur der emotionale Bezug zu seiner Heimat prägt dieses ETF: Zum ersten Mal in der Geschichte des Turnfests werden beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte
Menschen gemeinsam an Wettkämpfen wie Kugelstossen und Weitsprung teilnehmen. Inklusion ist eines der zentralen Themen, die dieses Fest zu einem besonderen Ereignis machen.
Julien Crisinel, die Inklusion ist zwar ein besonderes Ereignis, aber sicher auch mit Aufwand verbunden?
Es ist eine grosse Herausforderung. Die Idee entstand im Organisationskomitee, als Giulia Damiano, eine Rollstuhlfahrerin, den Wunsch äusserte, zusammen mit ihrem Verein am ETF teilnehmen zu können. Bislang war dies nicht möglich, da der PluSport-Wettkampf – der Wettbewerb für Menschen mit Beeinträchtigungen – separat stattfand.
Unser Ziel war es, allen die Teilnahme am Turnfest zu ermöglichen – unter den gleichen Voraussetzungen und im selben Wettkampf. Dieser Schritt ist Teil der Inklusionsstrategie des Schweizerischen Turnverbands, der Sport für alle fördern möchte.
Warum gerade Kugelstossen und Weitsprung?
Die Wahl, Kugelstossen und Weitsprung als inklusive Disziplinen aufzunehmen, hat sich am Ende so ergeben. In den kompositorischen Sportarten, wie Gymnastik und Schaukelringe, haben schon Menschen mit Beeinträchtigungen mitgemacht. In den messbaren Leichtathletik-
Disziplinen fehlte dies bislang. Wir haben uns auf diese beiden Disziplinen konzentriert, da es bereits Resultate von PluSport gibt und wir genügend Daten hatten, um eine faire Bewertung für alle zu gewährleisten. So ist auch sichergestellt, dass Rollstuhlsportlerinnen und
-sportler teilnehmen können.
Speerwurf oder Weitsprung im Rollstuhl wäre unrealistisch gewesen, daher fiel die Wahl auf Kugelstossen für die Personen im Rollstuhl und Weitsprung für die anderen beeinträchtigten Turnenden.
Am 1. Oktober ging es los mit der Anmeldung – was hast du für Erwartungen?
Es wird spannend zu sehen, ob die Turnenden nach den schwierigen letzten Jahren wieder Lust auf ein Eidgenössisches haben. Das ETF 2025 markiert zudem den Start eines neuen digitalen Tools, STV Contest 2.0, das explizit auf dieses Turnfest hin entwickelt wurde. Es ermöglicht uns eine vollständig digitale Abwicklung der Anmeldung und Organisation. Früher musste man Dokumente separat herunterladen und in anderen Systemen verwalten. Jetzt ist alles direkt integriert, vom Rechnungsversand über die Kommunikation bis hin zur Wettkampforganisation. Der Schritt in die Digitalisierung erleichtert nicht nur die Arbeit des Organisationskomitees, sondern bietet auch den teilnehmenden Vereinen viele Vorteile. Es gibt natürlich immer Skepsis gegenüber neuen Systemen, aber letztlich machen wir damit einen grossen Schritt nach vorne.
(Anm. d. Redaktion: Das Interview fand vor dem Anmeldeschluss (1. Dezember) statt. Es haben sich 2332 Vereine für den Vereinswettkampf angemeldet.)
Bis zum Fest sind es noch rund sechs Monate. Was bleiben für Herausforderungen?
Während die Anmeldung eines der zentralen organisatorischen Themen ist, stehen noch viele weitere Aufgaben bevor. Die Wettkampfplätze müssen genau geplant und das Material organisiert werden. Während der Anmeldephase wird es viele Fragen geben und wir müssen sicherstellen, dass alle Vereine rechtzeitig die nötigen Informationen erhalten. Nach der Anmeldung beginnt die Arbeit an den Wettkampfplänen für die Vereine und Einzelturnerinnen und -turner. Parallel dazu müssen Einsatzpläne für Richterinnen und Funktionäre erstellt werden. Es ist eine dauernde Herausforderung, die Kommunikation nach aussen aufrechtzuerhalten und alle Beteiligten auf dem Laufenden zu halten. Gerade die zunehmende Digitalisierung erfordert eine reibungslose Abstimmung aller Prozesse. Im Vergleich zu Aarau 2019, wo noch viel Papier im Umlauf war, ist diesmal alles digital und dadurch direkter und persönlicher.
Lausanne als Gastgeberstadt ist für dich ein besonderer Ort, warum?
Es ist etwas ganz Besonderes, das Eidgenössische hier zu organisieren, in der Gegend, in der ich gross geworden bin und meine Liebe zum Turnen entdeckt habe. Die Stadt Lausanne und das Turnen haben eine lange gemeinsame Geschichte. Von den Kunstturn-Weltmeisterschaften 1997 bis zur Gymnaestrada 2011. Dazu war Lausanne auch schon mehrmals ETF-Austragungsort. Es ist eine Ehre, den Turnenden aus der ganzen Schweiz unsere Stadt und den Kanton Waadt zu zeigen. Wir wollen beweisen, dass wir in der Romandie fähig sind, ein solches Gross-ereignis zu organisieren. Lausanne soll als Gastgeberstadt glänzen und die Turnwelt begeistern.
Das tönt nach grosser Vorfreude?
Ich liebe solche Herausforderungen und das Gefühl, Dinge zu tun, die ich noch nie gemacht habe. Für mich ist es eine einmalige Chance, Erfahrungen zu sammeln und Neues zu lernen. Ich freue mich auf den 22. Juni 2025, wenn das Fest vorbei ist und ich sagen kann: Ich war Gesamtwettkampfleiter dieses Turnfests.
Wann bist du zufrieden mit dem Fest?
Wenn die Wettkämpfe fair und gut organisiert ablaufen und die Turnenden sowie die Funktionärinnen und Funktionäre zufrieden sind, dann bin ich glücklich. Natürlich wird es unerwartete Situationen geben, auf die man reagieren muss, aber das ist bei einem Event dieser Grössenordnung normal.
Wie gross ist dein Respekt vor der Aufgabe oder macht dir etwas Angst?
Ich habe in meiner Zeit bei der Feuerwehr gelernt, ruhig zu bleiben und durchzuatmen, wenn Dinge nicht nach Plan laufen. Diese Ruhe und Gelassenheit wird mir auch bei der Organisation des ETF 2025 zugutekommen. Das Eidgenössische Turnfest 2025 in Lausanne wird nicht nur wegen seiner Grösse und Bedeutung ein besonderes Ereignis, sondern auch wegen der erstmaligen Inklusion beeinträchtigter Sportlerinnen und Sportler. Julien Crisinel und sein Team stehen vor grossen Herausforderungen, doch mit Leidenschaft und Engagement arbeiten sie daran, das Fest zu einem vollen Erfolg zu machen. Lausanne ist bereit, die Turnwelt willkommen zu heissen – und Crisinel freut sich, dieses Ereignis in seiner Heimat zu leiten.