Bis ins hohe Alter hatte der Sport und das Turnen für Lilo Kennel eine zentrale Rolle gespielt. So auch im Frühjahr 2019, als die GYMlive-Redaktion die damals 89-Jährige an ihrem Wohnort in Balsthal zum Stafetten-Interview traf. Therapeutische Turn- und Atemübungen auf dem Balkon hatten damals zu ihrem täglichen Ritual gehört, gab die ehemalige Turn- und Sportlehrerin zu Protokoll. «Diese halbe Stunde pro Tag nehme ich mir», sagte sie. Bis ins 80. Altersjahr zählte auch noch das Skifahren zu den Sportarten, welche Kennel aktiv betrieben hat. Kennels Herz schlug bis zuletzt für den Sport.
Einer ihrer grössten sportlichen Erfolge war mit Sicherheit die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1948 in London. An denen nahm die gebürtige Schaffhauserin als Schwimmerin teil. Die Eröffnungsfeier in London, sagte sie im GYMlive-Interview 2019, sei denn auch ihr schönstes sportliches Erlebnis gewesen. Das Schwimmen gehörte neben dem Turnen bis zuletzt zu ihrer grossen Leidenschaft. So war es denn auch nach einem Sommerausflug ins Schwimmbad Balsthal am 25. Juni 2022, als Kennels Herz überraschend die Kraft verliess. Im Alter von 92 Jahren haben sich die Augen von Lilo Kennel für immer geschlossen.
1969 das Muki-Turnen aufgegleist
Kennels Herz schlug aber auch für den Turnsport. So war sie unter anderem im TV Schaffhausen, beim TV Neumünster und der Frauenriege Buchs (SG) tätig. Zudem amtete sie auch im Schweizerischen Frauenturnverband (SFTV), der Vereinigung Schweizerischer Landesverband für Sport (SLS, heute Swiss Olympic), in der Kommission «Sport für alle» und als ZV-Mitglied im SLS. Eine wichtige Rolle im Turnen nahm Kennel im Jahr 1969 ein, als sie die Schweiz mit dem Muki-Turn-Virus infizierte. «Der damalige Präsident der Kommission ‹Sport für alle› hat mir damals geholfen und gut zugeredet: Als Mutter und diplomierte Sportlehrerin sei es doch kein Problem für mich, dieses Projekt aufzugleisen», erinnert sich Kennel 50 Jahre nach der Muki-Gründung an die Anfänge zurück und ergänzte: «Ich war skeptisch, wie das ohne Vorbilder und wissenschaftliche Unterlagen gehen soll, habe es aber dann einfach gewagt.» Das Muki-Turnen wurde nicht zuletzt dank ihrer Pionierarbeit über Jahrzehnte hinweg ein Erfolg und ist es bis heute geblieben.
Über ihre Motivation, sich fürs Muki-Turnen zu engagieren sagte Kennel einst: «Ich war selbst eine Mutter, die sich mit Sport auseinandergesetzt hat. Ich habe gesehen, wie Kinder Bewegung brauchen und Spass daran haben.» Dass «ihr» Muki-Turnen 2019 das 50-Jahr-Jubiläum feiern konnte, hatte Kennel damals sehr gefreut. «Ich bin stolz, dass das Muki-Turnen über so lange Zeit bestehen konnte», sagte sie im Stafetten-Interview.
Einzige Frau im SLS-Vorstand
Neben dem Muki-Turnen hat sich Lilo Kennel auch stets für die Rechte der Frauen im Sport eingesetzt. «Es hat viel gebraucht, bis wir Frauen anerkannt wurden», sagte Kennel im Bezug auf ihre eigene Geschichte, dass sie einst selbst gerne Leichtathletik gemacht hätte, aber es damals keinen Verein gab, der eine Frau aufgenommen hätte. «Wie im Beruf ist im Sport eine Gleichstellung heute aber vorhanden», sagte Kennel vor drei Jahren. Kennel, einst einzige Frau im Zentralvorstand des Landesverbandes für Sport kämpfte auch dafür, dass Frauen selbstsicherer und auch gefördert wurden.
GYMlive Stafetten-Interview 2019
50 Jahre Muki-Turnen: Lilo Kennel-Kobi, die Muki-Virus-Verbreiterin.
Von jung bis alt – Lilo Kennel engagierte sich für das Turnen. Den neben dem Muki-Turnen lag ihr zuletzt auch der Seniorensport am Herzen. «Da war ich auch noch Präsidentin. Jesses Gott, was ich alles gemacht habe», sagte sie mit einem Schmunzeln. Mit Kennels Hinschied verliert die Turnschweiz ein über Jahrzehnte lange engagiertes Mitglied. Mit all ihren Engagements wird Kennel auch über ihren Tod hinweg im Gedächtnis vieler bleiben. Und so wird es auch ihr geliebtes Muki-Turnen sein: «Es wird auch in Zukunft weiterleben, da es ein Bedürfnis ist und Freude macht.»
Lilo Kennel
15. Februar 1930 bis 25. Juni 2022
1973–1980: Chefin Kommission Muki-Turnen
1981–1982: Chefin Technisches Komitee ETV/SFTV
1981–1993: Präsidentin Frauensportkommission (Frau + Sport)
1993–1996: Mitglied Zentralvorstand Interverband für Seniorensport