Schaukelringturnen im stetigen Höhenflug

  • 25. April 2025

  • Alexandra Herzog

  • STV/Martin Fröhlich

  • Erschienen im Gymlive 1/2025

Staunende Gesichter, Begeisterungsstürme und viel Applaus – wo auch immer die Schaukelring-Turnenden auftreten, werden sie bewundert. In der Schweiz ist diese Disziplin ein Erfolgsmodell, doch die Ursprünge hat sie in Amerika. Ein kleiner geschichtlicher Abriss über das Schaukelringturnen und über dessen Faszination.

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Bei ihren Vorführungen an den Schaukelringen erleben die Turnenden wahre Höhenflüge – physisch wie emotional. «Du wirst höher und höher und wenn du draussen, unter freien Himmel und Sonne, turnst, kommen richtige Glücksgefühle auf», so Beni Boos, Co-Präsident des BTV Luzern. Dies bestätigt auch Janis Tschopp (TV Ziefen): «Das Faszinierende am Schaukelringturnen ist ganz klar die Höhe. Aus mehreren Metern einen Abgang mit mehreren Salti oder Schrauben zu machen? ist ein wunderbares Gefühl.»

«Das Turnen an den Schaukelringen ist zweifellos eine der spektakulärsten Disziplinen, nicht zuletzt wegen der schwindelerregenden Höhen, die damit erreicht werden», sagt Naomi Molinari, Leiterin von Team Vevey (Zusammenschluss der Schaukelringriegen von FSG Vevey Jeunes Patriotes und FSG Vevey Ancienne).

Auch für das Publikum sind Schaukelring-Vorführungen faszinierend und beeindruckend. Die grosse Höhe, in der die Turnenden ihre Elemente mit Leichtigkeit vollführen, sorgt für Staunen. Wenn die Turnenden auf fünf bis sechs Metern Höhe die Ringe loslassen, hält so manch jemand den Atem an und fiebert bis zur Landung mit.

Im frühen 19. Jahrhundert eingeführt

1842 beschrieb der Deutsche Adolf Spiess, ein Schüler von Turnvater Jahn, in der «Lehre der Turnkunst» die ersten Ringe, die er Ringschwebel nannte: «Zwei eiserne, mit Leder überzogene fingerdicke Ringe von einem halben Fuss Durchmesser sind an kleinfingerdicken Seilen befestigt.» Johannes Niggeler, ein Schüler von Adolf Spiess und sozusagen der Schweizer Turnvater, empfiehlt in seiner «Kurzen Anleitung zur Einrichtung von Turnlokalitäten» bereits 1865 Schaukelringe. Nachweislich fanden sich in der Schweiz 1881 die ersten Schaukelringanlagen. Ursrpünglich waren die Ringe nicht zwingend rund, sondern teils auch dreieckig. 1883 bewarb W. Spiess, ein Sohn von Adolf Spiess, in der Turnzeitung bereits auch Schaukelringe.

Auch Frauen wagten sich schon früh an die Disziplin Schaukelringe.

Ursprung in den USA vermutet

Das Turnen an den Schaukelringen wurde nicht in der Schweiz erfunden. Eher fand es in den USA seinen Ursprung, wo es zeitweise im Kunstturnen an Wettkämpfen auf Collegeniveau praktiziert wurde (s. Info-Box). Heute gibt es an einigen amerikanischen Stränden, zum Beispiel in St. Monica, Schaukelringgerüste zum Turnen.

Eine Schweizer Spezialität ist aber das Schau­kelringturnen zusammen in der Gruppe. In anderen Ländern wird Ringturnen hauptsäch­lich als Schul- beziehungsweise Einzelsport betrieben. Wegen der Einzigartigkeit werden Schweizer Schaukelringturnende auch gern für Gastauftritte an internationalen Showevents aufgeboten.

In den 1960er-Jahren führte man in der Schweiz als Hobbyformat des Kunstturnens das Geräteturnen ein, um diese Art des Tur­nens einer breiteren Bevölkerung zugänglich zu machen. Damit war auch der Grundstein der Erfolgsgeschichte des Schaukelring-turnens gelegt.

1967 in Bern stand Schaukelringturnen erst­mals an einem Eidgenössischen Turnfest auf dem Programm. So richtig als Vereinsturn-disziplin etablierte es sich im Jahr 1973, als Schaukelringturnen ins Wettkampfprogramm der Schweizer Meisterschaften Sektionsturnen (heute Vereinsturnen) aufgenommen wurde.

Gewusst dass...

… das Gerät Schaukelringe im frühen 20. Jahrhundert eine Disziplin im Kunstturnen war, allerdings hauptsächlich in den USA auf College- und Amateurstufe (NCAA und AAC). Auf Elitestufe
sind nachweislich nur zwei Wettkämpfe bekannt: einmal an den Olympischen Spielen 1948, an
denen die Fliegenden Ringe eine Pflichtübung im Team-Mehrkampf der Frauen waren. Ein weiteres Mal standen an den Kunstturn-Weltmeisterschaften 1950 in Basel die Schaukelringe zum ersten und einzigen Mal auf dem WM-Programm – bei
den Frauen. Wahlweise konnte Stufenbarren oder Schaukelringe geturnt werden. Es gewann eine Österreicherin. Sie war somit die einzige Schaukelring-Weltmeisterin.

Wer mehr über Turngeräte und ihre Geschichte erfahren möchte, besucht am besten das Turngerätemuseum
in Ebnat-Kappel.

Eine lange Tradition

Die meisten Vereine, die in der Schweiz das Schaukelringturnen betreiben, tun dies seit mehreren Jahrzehnten. Die Vereine mit der längsten Tradition im Schaukelringturnen in der Schweiz sind wohl der TV Ziefen, der TV Siebnen und der TV Glarus alte Sektion. So startete der TV Ziefen bereits 1962 am Kanto­nalturnfest beider Basel erstmals an den Schaukelringen.

Der TV Siebnen lancierte seine Schaukelring-ära am Eidgenössischen Turnfest 1967 in Bern. In den 60er-Jahren entdeckte auch der TV Glarus die Disziplin für sich. Seit den ersten Schweizer Meisterschaften Vereinsturnen (damals SM Sektionsturnen) im Jahr 1973 sind die Glarner immer mit dabei. 1976 war Glarus der erste Verein, bei dem an den Schaukel-ringen auch Frauen mitturnten. Im selben Jahr sicherte sich die Riege auch den ersten Schweizer Meistertitel. Seither sind elf Titel dazugekommen.

«Alle unsere Turnenden verbinden den Verein mit den Schaukelringen. Den TV Glarus alte Sektion gibt es nur in dieser Kombination – eine Art Tradition. Für uns bedeutet das Schau­kelringturnen alles. Es ist eine Leidenschaft, die wir alle schon von klein auf in uns tragen», so Oberturner Siro Rhyner.

Auch DJ Bobo ist begeistert vom Schaukelringturnen

Durch Leidenschaft zur Perfektion

Der bis heute erfolgreichste Verein in der Disziplin Schaukelringe ist der STV Wettingen: 19 Schweizer Meistertitel und 12 weitere Podestplätze auf nationaler Ebene holte sich der Aargauer Verein. Erstmals an der SM Ver­einsturnen versuchte er sich 1982. «Wettingen war da aber noch weit abgeschlagen und wurde letzter, da man das Programm zu schwierig gestaltete, ohne Unterbruch turnte und bereits Übergänge von Übungen – dazumal noch Stufen – einbaute», erklärt der heutige Techni­sche Leiter Jonas Schmidli. Man habe aber damit Grundsteine für die Weiterentwicklung dieser Disziplin gelegt, so Schmidli weiter.

Körperspannung und -beherrschung, Kraft, Raum- und Rhythmusgefühl sind Vorausset­zungen, um im Schaukelringturnen erfolgreich zu sein. Was es aber auch braucht, sind Leiden­schaft, Motivation und Teamgeist. Denn nur mit diesen Faktoren hat man die nötige Ausdauer, penetrant an den technischen Feinheiten und der Synchronität zu feilen, damit ein Programm möglichst nahe an die Perfektion kommt.

Philipp Schermer vom TV Siebnen nennt noch einen weiteren Punkt: «Das Wichtigste ist der Nachwuchs. Ohne diesen Grundstein kann eine Schaukelringriege auf lange Zeit nicht bestehen.» Dies bestätigt sich auch darin, dass die meisten Vereine, die im Schaukelringturnen vorne mitmischen, auch über ambitionierte und erfolgreiche Nachwuchsriegen verfügen.

Die Erfolgsgeschichte geht also bestimmt weiter.

Die nächsten Schaukelringturn-Anlässe

Eidgenössisches Turnfest 2025 in Lausanne
12. – 15. und 19. – 22. Juni in der Halle Beaulieu
Startliste und Zeiten der Schaukelringvorführungen

Waterings Contest am ETF in Lausanne
Der Waterings Contest 2025 am Eidgenössischen Turnfests 2025 in Lausanne am 14. und 15. Juni 2025 am Débarcadère Ouchy im Party-Viertel. Geniesse ein unvergessliches sportliches und festliches Erlebnis!

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