Trendig in die Zukunft

  • 5. Oktober 2021

  • Alexandra Herzog

  • Maxime Gasser

  • Erschienen im GYMlive 4/2021

Mit neuen Wettkampfformaten will sich der Turnsport weiterentwickeln und publikumswirksamer werden. Diese sollen aber nicht Konkurrenz, sondern Ergänzung sein zu ursprünglichen. Wie das aussehen könnte, zeigte sich in Montreux.

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Mit der Bergkette im Hintergrund schaukeln sich die Turnenden an den Ringen immer höher über die Oberfläche des Genfersees, in welchen sie nach einem meist spektakulären Abgang eintauchen. Einige Meter daneben, bereiten sich zur gleichen Zeit die Parkour-Athletinnen und -Athleten (Traceure) auf ihren Einsatz vor. Sie begutachten die zu überwindenden Hindernisse, probieren einige Tricks aus, wärmen sich auf. Passanten bleiben interessiert stehen und beobachten das Geschehen. Wir befinden uns Mitte August 2021 am «Waterings-Contest» und an den «Swiss Parkour Series» an der Riviera von Montreux.

Mehr Aufmerksamkeit generieren

«Solche Anlässe, die an öffentlich zugänglichen Orten ausgetragen werden, eignen sich gut, um mehr Aufmerksamkeit für den Turnsport zu erlangen», meint Jérôme Hübscher, Chef Breitensport beim Schweizerischen Turnverband. In anderen Sportarten wird bereits seit einiger Zeit auf solche Formate gesetzt: zum Beispiel das Kugelstossen im Hauptbahnhof Zürich im Vorfeld von «Weltklasse Zürich».

Das Turnen muss sich nicht neu erfinden, doch die Einführung von neuen Formaten oder die Weiterentwicklung von bestehenden Anlässen ist nötig oder zumindest zu prüfen. Eine Idee könnte sein, kleinere Anlässe verschiedener Turnsportarten zusammenzulegen und diese dann an einer speziellen Lokalität durchzuführen. «Vor allem solche, die in sich selbst Mühe haben, genügend Teilnehmende und Publikum zu generieren», sagt Hübscher. Das kennt man international zum Beispiel von solchen Multisport-Events wie den «European Championships» (2022 finden diese in München statt).

Geräteturnen mal anders – «Waterings»
Wenn wir nichts verändern wollen, laufen wir vielmehr die Gefahr, dass der Turnsport generell mit der Zeit eingeht.
Jérôme Hübscher Chef Breitensport STV

Andere Bedürfnisse

Überlegungen dazu, wie auch Turnanlässe näher zu den Menschen gebracht werden könnten, gibt es bereits länger. Die Bedürfnisse an einen Event hätten sich heutzutage verändert, so Hübscher. «Während früher viele Wettkampfformate nur auf die teilnehmenden Athletinnen und Athleten ausgerichtet waren, müsse man heute mit einem Anlass ganz unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen können», präzisiert der Breitensportchef. Dazu gehören auch die des Publikums. Dieses möchte spannende Wettkämpfe, bei denen es auch versteht, wie sie funktionieren. Auch gelte es, einen Anlass durch Bilder, Videos und Berichterstattung positiv nach aussen zu tragen. «Im Zentrum müssen aber dennoch immer die Sportlerinnen und Sportler stehen», betont Jérôme Hübscher.

Dieser Entwicklung müsse man Rechnung tragen und dafür sorgen, dass der Turnsport nicht den Anschluss verliert. «Wir müssen neue Wege gehen», meint er weiter.

Nicht Konkurrenz, sondern Ergänzung

Der Parkour-Speed-Wettkampf feierte dieses Jahr Premiere – und dies erfolgreich. Bei den Teilnehmenden kam der Anlass gut an. Die Verbindung des Parkour-Wettkampfes mit dem «Waterings Contest» begeisterte. «Man hat einen sehr kreativen Kurs aufgebaut und auch sonst ist die Location cool», lobte der Basler Traceur Chris Harmat, welcher auch in der internationalen Parkour-Szene vorne mitmischt.

Verfechter des traditionellen Turnens stehen solchen Neuerungen kritisch gegenüber. Sie befürchten, der ursprüngliche Gedanke ginge verloren. «Die Turntradition definiert sich ja nicht zwingend über einen Anlass, sondern eher über Werte. Fröhlich, engagiert, aufgestellt, gemeinschaftlich – das definiert den Turngeist. Wenn wir nichts verändern wollen, laufen wir vielmehr die Gefahr, dass der Turnsport generell mit der Zeit eingeht», so der Chef Breitensport. Ausserdem solle ein neues Angebot als Ergänzung und nicht als Konkurrenz für anderes angeschaut werden.

Passt gut zum Turnen

Aus Hübschers Sicht sei Parkour eine spannende Sportart, die in gewisser Weise perfekt zum STV passt. «Es ist ja nicht weit weg vom Hindernislauf. Andererseits sind die Bewegungen wie Sprünge, Drehungen oder Salti von Grundtechnik und Aufbau her gleich wie im Geräteturnen», erklärt Hübscher. Mit Parkour erreiche man eine neue Zielgruppe, die aber durchaus gut in die Turncommunity passt.

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