Der für die Bewegung lebt

  • 7. Juni 2023

  • Alexandra Herzog

  • Alexandra Herzog

  • Erschienen im GYMlive 2/2023

Bereits seit einigen Jahrzehnten ist Urs Schweingruber im Turnsport engagiert. Bis zu dreimal wöchentlich leitet er Bewegungslektionen. Im Schweizerischen Turnverband ist der Berner an der Entwicklung des Erwachsenensport (esa) beteiligt.

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Urs Schweingruber

Geburtsdatum: 5. März 1948

Zivilstand: Verheiratet mit Cristina, zwei erwachsene Söhne (Michael, Benjamin)

Wohnort: Münchenbuchsee, aufgewachsen in Bern Wankdorf (bis 20-jährig)

Verein: TV Zollikofen

Beruf: pensionierter Lehrer 10. Schuljahr

Funktionen: Fachgruppenleiter Nordic Walking, Fachgruppe esa Turnen Deutschschweiz; Verantwortlicher für die Ausbildung: esa Walking/Nordic-Walking-Leitende, Leiter Winterfit und Nordic Walking Zollikofen, Männerriege und Frauenriege TV Zollikofen

Hobbys: Reisen, Garten, Zeichnen und Gestalten, Fussreflexzonen-Massage

Turnerische Höhepunkte: Schweizer Vizemeistertitel Grossfeld-Gymnastik mit Handgerät,Teilnahme am Schweizer Abend Gymnaestrada in Göteborg, zweiter Rang 1. Stärkeklasse mit TV Zollikofen am ETF 1996 in Bern

Anfang März dieses Jahres feierte er seinen 75. Geburtstag. Urs Schweingruber ist ein absoluter Bewegungsmensch. Sportlich gekleidet, nimmt er für das Foto im Garten seines Hauses in Münchenbuchsee die Jonglierbälle zur Hand.

Wer ihn als Kursleiter in der Turnhalle erlebt, geht davon aus, dass der Berner schon seit jeher im Turnsport zuhause war. Doch dem ist nicht so. «Bis ich 18 Jahre alt war, hatte ich noch nie etwas von einem Turnverein gehört», sagt Schweingruber. Geboren im Simmental, hat er die Kinder- und Jugendzeit in Bern Wankdorf verbracht. «Ich war Einzelsportler – angefangen mit Fallschirmspringen, über Triathlon und Ski fahren bis Tauchen.» Auch einzelne Wettkämpfe im Rope-Skipping hat er damals bestritten. Später wechselte Schweingruber zum Mannschaftssport und spielte Erstliga-Handball im TV Zollikofen. Zu dieser Zeit war er aber immer noch der Meinung: «Leibesübungen, sprich Gymnastik, sind gar nichts für mich.»

In dir muss brennen, was du in anderen entfachen willst.

Spannende Entwicklung miterlebt

Dennoch liess sich Urs Schweingruber kurze Zeit später überreden, im Turnverein Zollikofen reinzuschnuppern. Und er blieb. Einige Jahre später übernahm er die Funktion des Oberturners. Diese übte er 16 Jahre lang aus. Zusammen mit seiner Frau Cristina leitete Urs im TV Zollikofen die Grossfeld-Gymnastikgruppe. «Wir waren eine gemischte Gruppe. Die Frauen und Männer hatten damals bei uns innerhalb einer Choreografie unterschiedliche Parts», erklärt Schweingruber. «Das war herausfordernd, da die Choreo und die Musik auch immer mal wieder angepasst werden mussten.» Damals sei das noch nicht so einfach gewesen mit dem Musikfinden und -schneiden. «Ich erinnere mich noch, wie wir am Anfang mit Klavier und Aufnahmegerät in der Halle die Musik zusammengestellt und aufgenommen haben», erzählt er.

Viel investiert
Mit der Gymnastikgruppe des TV Zollikofen, die zwischenzeitlich aus 40 Personen – 20 Männer und 20 Frauen – bestand, konnte Urs Schweingruber 1993 den Schweizer Vize-Meistertitel in der Grossfeldgymnastik gewinnen und am Eidgenössischen Turnfest 1996 in Bern erzielte der TV Zollikofen in der 1. Stärkeklasse den zweiten Rang. «Wir haben für diese Erfolge viel investiert, aber es war eine schöne Zeit», schwärmt er. Als weiteren Höhepunkt nennt er die Teilnahme am Schweizer Abend an der Gymnaestrada 1999 in Göteborg. «Das war einmalig, eine grosse Ehre. Da das fast nicht zu toppen war, habe ich später an keiner Gymnaestrada mehr teilgenommen», schmunzelt der 75-Jährige.

Der 75-Jährige investiert immer viel Herzblut in das, was er macht.

Keine Lektion zweimal

Doch Urs Schweingruber blieb nicht beim Leiten des TV Zollikofens. Seit 1998 leitet er auf nationaler Ebene Kurse im Erwachsenensport (esa). Seit 2000 gibt er auch Trainings und Kurse im Nordic-Walking. Seit 14 Jahren zeichnet er für den STV-Zentralkurs 55+ verantwortlich. Urs Schweingrubers Gymnastik-Vergangenheit spiegelt sich jeweils auch in seinen Lektionen wider. «Am Anfang meiner Lektionen gibt es immer Gymnastik – auch vor dem Nordic-Walking-Training», sagt er.

Die Abwechslung sei wichtig. «Ich bringe selten die gleiche Lektion zweimal. Das ist zwar herausfordernd, aber mein persönlicher Anspruch», so der 75-Jährige. Es sei faszinierend, womit man alles eine Bewegungslektion gestalten könne – seien es Poolnudeln, Frisbees oder mit Sand gefüllte PET-Flaschen. Als ehemaliger Lehrer verfügt Schweingruber über methodisches Geschick und einen beinahe unerschöpflichen Ideenfundus. In seinen Lektionen steckt viel Herzblut.

Ich bringe selten die gleiche Lektion zweimal.

Schwerer Stand

Er baut seine Lektionen nach dem sportmotorischen Konzept auf. «Konditionelle und koordinative Fähigkeiten, aber auch Kopfarbeit gehören immer dazu, damit Geist und Seele auch gefordert und bewegt werden. Das schätzen die Turnenden», so Schweingruber.

Sein Wissen und seine Erfahrung konnte er auch bei der Erstellung des esa-Lehrmittels einbringen. Der 75-Jährige war auch Geburtshelfer von esa. «Der Start war nicht einfach. Der Wichtigkeit von Erwachsenensport wurde damals lange zu wenig Rechnung getragen», sagt er. Es war ein Stiefkind neben «Jugend + Sport», das alle kennen. Dabei umfasse der Erwachsenensport einen grösseren Teil der Bevölkerung (ab dem 20. Altersjahr).

Wieder mehr Wertschätzung

Teilweise steht Urs Schweingruber unter der Woche dreimal in der Turnhalle. Dazu kommen noch einige Wochenenden, an denen er Kurse leitet. «Meine innerste Überzeugung ist es, den Leuten bewusst zu machen, wie wichtig Bewegung für die Gesundheit ist. Das motiviert mich und macht Spass!»

So engagierte Personen wie Urs Schweingruber zu finden, wird immer schwieriger. Der 75-Jährige ist aber der Meinung, dass ehrenamtliche Arbeit mehr Wertschätzung erfahren sollte. An finanzieller Unterstützung für Ausbildungen von Leitenden dürfe nicht gespart werden. Nur motivierte und gut ausgebildete Leiterinnen und Leiter seien der Garant für das Überleben eines Vereines. «In dir muss brennen, was du bei anderen entfachen willst», pflegt der Berner jeweils in den Leiterausbildungskursen zu sagen. Das sei wichtig, denn Vereine würden einen wichtigen sozialen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten. «Der soziale Aspekt eines Vereins gewinnt wieder an Bedeutung», ist Schweingruber überzeugt.

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