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«Ich bin ein Mensch mit hundert Projekten. In mir sprudelt es ständig nach Ideen», sagt Selina Gasparin, angesprochen auf ihr Engagement an den Schweizer Meisterschaften Rhythmische Gymnastik. Bis zu ihrem Rücktritt vom Spitzensport im März 2022 war die heute 39-jährige Bündnerin als Biathletin äusserst erfolgreich unterwegs. Unvergessen ihre Silbermedaille an den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi. Neun Jahre nach ihrem grössten Erfolg amtet Gasparin diesen Sommer im Organisationskomitee der SM Rhythmische Gymnastik, die am 10. und 11. Juni 2023 in Domat-Ems ausgetragen wird. Vom Biathlon zur Rhythmischen Gymnastik – wie kommt es dazu? «Zur Rhythmischen Gymnastik bin ich durch meine Tochter gekommen, die seit rund zwei Jahren diese Sportart betreibt», erklärt Gasparin.
Für die ehemalige Spitzen-Biathletin ist der SM-Job jedoch nicht ihr erster dieser Art. Beim Bündner Adventscup der RG Ems im vergangenen Dezember war sie bereits fürs Sponsoring mitverantwortlich. Das eine ergab das andere und so ist Gasparin an der SM RG nun für die Medien und die Infrastruktur zuständig. «Da ich die lokalen Medien bereits aus meiner Zeit als Biathletin kannte, lag es fast schon auf der Hand», sagt sie und ergänzt, «früher wollten die Medien von mir als Spitzensportlerin etwas. In meiner OK-Funktion bin ich es nun, die den Kontakt zu den Medien sucht. Diese neue Perspektive der Medienarbeit ist für mich sehr spannend.»
Dank Google zur Rhythmischen Gymnastik
Dass Gasparins Tochter überhaupt auf die Rhythmische Gymnastik aufmerksam wurde, sei eher einem Zufall geschuldet. Wohnhaft in der Nähe von Lenzerheide war der Gasparin-Nachwuchs zuerst im Ballett-Training. «Meine Tochter hat von Natur aus ein gutes Musikgehör und tanzt gerne. Da habe ich mich mit Google schlau gemacht, was es in unserer Region sportlich alles in diese Richtung gibt», erklärt Selina Gasparin. So sei sie auf die Rhythmische Gymnastik und die RG Ems gestossen. «Die RG verbindet Beweglichkeit und Körperhaltung. Als Mutter ist es mir ein Anliegen, dass meine Kinder eine gute Körperhaltung haben», sagt Gasparin und spricht dabei ihre eigene Schulterstellung an, die durch die jahrzehntelange Biathlon-Karriere gelitten habe. «Die Kombination der tänzerischen und musikalischen Elemente, verbunden mit der Körperkontrolle, finde ich an der Rhythmischen Gymnastik spannend», sagt sie.
Ihre Tochter wird an den diesjährigen Schweizer Meisterschaften zwar noch nicht selbstturnen, dennoch freut sich Gasparin auf diesen Anlass: «Dass ich mit meiner OK-Arbeit etwas für den Sport und den Verein beisteuern kann, freut mich.» Ihr gehe es mit ihrer Mitarbeit auch darum, den Mädchen und dem Sport etwas zurückgeben zu können. Zudem freue sie sich darauf, die besten Gymnastinnen der Schweiz in Ems turnen zu sehen. Denn für die einstige Biathletin sei diese Sportart nach wie vor Neuland: «Bevor ich auf der Google-Suche auf die RG Ems gestossen bin, hatte ich von der Rhythmischen Gymnastik kaum Kenntnis genommen.»
Hauptsache Bewegung
Wenn aber die Mutter erfolgreiche Biathletin und der Vater erfolgreicher Langläufer waren, wäre es da nicht naheliegend gewesen, dass der eigene Nachwuchs auf die Karte Wintersport gesetzt hätte? «Meine Töchter können beide sehr gut Skifahren und standen bereits im Alter von zwei Jahren auf den Brettern.» Skifahren sei im Kinderalter aber nicht mit Langlaufen zu vergleichen, denn «Langlaufen bei Kindern bedeutet eher ständiges Umfallen», sagt Gasparin und lacht. In diesem Alter sei das klassische Skifahren und so die Piste herunterzufahren noch spannender, anstatt in der Loipe zu stehen. Zudem betont Gasparin: «Meine Kinder müssen wegen uns Eltern auf keinen Fall auch Spitzensportlerinnen werden.» Ihr sei viel wichtiger, dass sie sich bewegen: «Wie diese Bewegung aussieht, spielt mir keine Rolle.» Sie selbst habe die Bewegung in der Natur geliebt und ihre beiden Töchter sind nun happy, wenn sie auf dem Teppich turnen können.
Auch wenn sie ihre grössten Erfolge im Biathlon gefeiert hat, habe sie das Turnen schon immer fasziniert, sagt Gasparin. «Wäre ich dem Turnsport treu geblieben, dann wäre es Kunstturnen gewesen», sagt sie und spricht dabei die Eleganz an, die diese Sportart mit sich bringt. Bevor sie mit 16 Jahren ins Swiss-Ski-Kader aufgenommen wurde, war Gasparin sehr polysportiv unterwegs. Von Skifahren, Eiskunstlauf über Ballett bis zum Geräteturnen führte ihr sportlicher Weg letztendlich in jene Sportart, in der sie mitunter neunmal auch Schweizer Meisterin wurde.
Präzision als Gemeinsamkeit
Vielleicht weil sie selbst nicht so ein gutes Musikgehör habe, sei RG für sie nie ein Thema gewesen. Dennoch sieht Selina Gasparin in ihrer und in jener Sportart ihrer Tochter auch Gemeinsamkeiten. Allen voran die Präzision. «Beim Schiessen im Biathlon sind es Millimeter, die über einen Treffer entscheiden. Ähnlich ist es bei der RG mit den Handgeräten, bei denen ebenfalls Millimeter darüber entscheiden, ob das Gerät gefangen wird oder nicht», so Gasparin. Zudem benötige es in beiden Sportarten eine perfekte Körperposition, sei es im Schiesstand oder beim Werfen der Handgeräte.
Seit ihrem Rücktritt vom Biathlon-Zirkus ist erst rund ein Jahr vergangen. «Der Spitzensport fehlt mir heute schon noch», gesteht Gasparin. Vor allem die teils monotonen Trainings auf den Rollski oder in der Loipe seien es, die sie aus ihrer Biathlon-Zeit misse. «Bei diesen endlosen Einheiten hast du viel Zeit für dich, für deine Gedanken und um das eigene Körpergefühl besser kennenzulernen», begründet die 39-Jährige. Aber auch die vielen Stunden, die sie dadurch in der Natur verbringen durfte, habe sie immer sehr geschätzt: «Jetzt besteht mein Arbeitstag aus dem Büroalltag.» Ganz vom Biathlonsport weg sei sie aber auch heute noch nicht: «Diesen Winter habe ich sieben Rennen absolviert – natürlich alle plauschmässig.»
Positive RG-Welle auslösen
Im Alltag der zweifachen Mutter ist aber auch so einiges los. Gasparin arbeitet unter anderem Teilzeit beim Zoll in Chur, ist bei Swiss Ski für die Biathlon-Weiterentwicklung im U18-Nachwuchs tätig und auch als Botschafterin unterwegs. In diesen Tagen gilt ihr Augenmerk aber der bevorstehenden RG SM. «Ich hoffe, dass wir mit der Durchführung eine positive RG-Welle auslösen und in der Region Werbung für diese Sportart machen können. Die Organisation der SM kann auch einen positiven Effekt für den Zusammenhalt im Verein sein», glaubt Gasparin. Vor allem aber hoffe sie, dass der Heim-Wettkampf für die vier qualifizierten Gymnastinnen der RG Ems tolle Emotionen wecken wird. Denn eines weiss Selina Gasparin aus eigener Erfahrung als Sportlerin zu gut: «Sport kann Emotionen wecken, die du sonst im Alltag nicht erleben kannst.»
Bild ganz oben: Vom Biathlon zur Rhythmischen Gymnastik: Olympia-Medaillengewinnerin Selina Gasparin ist Teil des SM-OK 2023 und hofft dabei auf ein gutes Abschneiden der RG-Ems-Gymnastinnen. Eine von vier Ems-Gymnastinnen ist Ariana Dell. Bild: Christian Danuser