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Ein Turner erleidet durch einen zurückschwingenden Schaukelring eine Platzwunde am Kopf und muss notfallmässig ins Spital eingeliefert werden. Da er noch Student ist, ist er über die Krankenkasse unfallversichert. Diese übernimmt zwar die Heilungskosten, belastet ihm aber Franchise, Selbstbehalt und (aufgrund der fehlenden Zusatzversicherung) 50 Prozent der Transportkosten.
In diesem Fall übernimmt die Sportversicherungskasse (SVK) 10 Prozent der Franchise, den Selbstbehalt und Transportkosten gemäss Reglement. Dies ist eines der Beispiele für die Leistungen der SVK.
343 Unfälle, 128 Brillenschäden und 64 Haftpflichtfälle wurden im Jahr 2022 der Sportversicherungskasse (SVK) gemeldet. Die meisten Unfälle wurden 2022 im Geräteturnen (54) und bei den Spielsportarten registriert (45). Jetzt fragt ihr euch vielleicht, wofür es die SVK braucht. Klar sind viele von uns über den Arbeitgeber unfallversichert. Aber in der Turngemeinschaft gibt es doch auch die eine oder den anderen, die oder der sich über die Krankenkasse für Unfälle absichern muss. Will heissen, dass diejenige Person wegen des Selbstbehalts auch bei Unfällen Kosten selbst zu tragen hat.
Grosse Entlastung
GYMlive hat in den vergangenen Jahren immer wieder die Geschichten von Personen beleuchtet, die sich innerhalb des Turnsports verletzt und Unterstützung von der Sportversicherungskasse erhalten haben. Alle erzählten von positiven Erfahrungen im Zusammenhang mit der SVK. «Mir wurde immer schnell und unbürokratisch geholfen. Durch die Sicherheit konnte ich mich auf den Beruf und den Sport konzentrieren. Ich kann jedem Turnenden empfehlen, sich mal mit der Sportversicherungskasse auseinanderzusetzen », sagt auch Fabian Blum, der seit einem Turnunfall 2014 querschnittsgelähmt und mittlerweile im Rollstuhlsport erfolgreich ist (GYMlive 5/2019).
Auch wenn der Unfall nicht direkt in der Turnhalle respektive in der offiziellen Turnstunde passiert, gilt die Deckung der SVK – auf dem direkten Hin- oder
RĂĽckweg oder bei einem anderen Anlass, den der Turnverein durchfĂĽhrt. So verunfallte 2014 STV-Mitglied Lucas Gammuto schwer, als er mit dem Verein
an einem Plauschwettkampf im Hallenbad beim Jubiläumsfest eines befreundeten Vereins teilnahm. Seine Familie war froh über die 175 000 Schweizer Franken, die er von der Sportversicherungskasse erhielt. «Das ist eine wertvolle Reserve», meinte Lucas’ Mutter damals, als GYMlive 2016 bei den Gammutos zu Besuch war. Manchmal kann es nämlich eine Zeit dauern, bis das Geld von der Unfallversicherung kommt.
Gut investierte drei Franken
Ein weiteres Beispiel: Zwei Turnerinnen verunfallen auf der Vereinsreise. Turnerin 1 erleidet tödliche Verletzungen. Turnerin 2 verbleibt aufgrund der erlittenen Paraplegie zu 100 Prozent invalid.
Gemäss den reglementarischen Bestimmungen überweist die SVK die entsprechende Todesfallsumme (40 000 Schweizer Franken) an die Hinterbliebenen von Turnerin 1 sowie die Invaliditätssumme an Turnerin 2 (175 000 Schweizer Franken).
Vor allem bei Unfällen mit so schweren Folgen wie in den Beispielen zahlt sich die SVK-Deckung aus. Hat ein versicherter Unfall eine bleibende Invalidität zur Folge, leistet die SVK gemäss Reglement ein Invaliditätskapital. Die Versicherungssumme beträgt 50 000 Franken und wird im Verhältnis zum Invaliditätsgrad, mit progressiver Entschädigung, ausbezahlt. Hat sich beispielsweise ein Mitglied bei einer turnerischen Tätigkeit so schwer verletzt, dass eine bleibende Invalidität im Sinne einer Tetraplegie die Folge ist, hat das betroffene Mitglied Anspruch auf ein Invaliditätskapital von bis zu 175 000 Schweizer Franken.
Das ist in etwa das 58 333-Fache der SVK-Jahresprämie (3 respektive 2.50 Schweizer Franken). Der Beitrag für die SVK ist im STV-Mitgliederbeitrag inbegriffen. Sparen zu wollen, indem ein Verein sich und seine Aktivmitglieder nicht in der STV-Datenbank registriert, wäre also sicherlich falsch – denn versichert ist nur, wer als aktives Mitglied erfasst ist.
In den vergangenen zehn Jahren hat die SVK 21 Invaliditäts- und Todesfallentschädigungen entrichtet. Dabei wurde viermal der Maximalbetrag von 175 000 Schweizer Franken ausgeschüttet.
Auch für Haftpflichtfälle abgesichert
64 Meldungen von Haftpflichtschäden gab es im Jahr 2022. Bei 2830 Turnvereinen im ganzen Land sind das verhältnismässig wenig. Ein Grund dafür könnte sein, dass zu wenig bekannt ist, dass STV-Vereine bei der SVK auch haftpflichtversichert sind. «Das Bewusstsein in Bezug auf die Haftpflichtversicherung ist relativ gering», so Brigitte Häni, Präsidentin der SVK-Verwaltungskommission. Turnvereine und -verbände seien diesbezüglich über die Sportversicherungskasse genügend abgesichert. «Es ist nicht nötig, eine separate Vereinshaftpflicht-Versicherung abzuschliessen», sagt Häni. Auch für die Durchführung von Anlässen inklusive Turnfesten, mit Ausnahme eines Eidgenössischen Turnfestes – brauche es keine separate Anlass-Haftpflichtversicherung.
Die Garantiesumme für Haftpflichtfälle beträgt 20 Millionen Franken. Versichert ist, im Rahmen der Vertragsbestimmungen, die gesetzliche Haftpflicht für Schäden, die bei der normalen Vereins- oder Verbandstätigkeit Dritten oder Mitgliedern zugefügt werden. Darunter fallen Personenschäden wie Tötung oder Verletzung von Personen, Sachschäden wie Zerstörung, Beschädigung oder Verlust von Sachen.
Eine grosse UnterstĂĽtzung
Die Haftpflichtversicherung schon mehrmals in Anspruch genommen, hat beispielsweise der STV Menzingen. Von Brillenschäden in den Trainings, defekten Storen, einer Beule auf einer Autohaube, der beschädigten Türe des Schaukelringkastens, einem kaputten Vorhang nach dem Turnchränzli bis hin zu einem gemieteten Grillwagen, der Schaden genommen hat.
«Wir sind ein grosser Verein und organisieren viele Anlässe. Da kommt halt einiges zusammen», erzählt Petra Strickler, die aktuelle Präsidentin und vormals Kassierin des STV Menzingen. Ihre Erfahrungen mit der Sportversicherungskasse sind durchwegs positiv. «Die Meldung von Schäden und auch die Kommunikation sind sehr unkompliziert und verständlich», sagt sie und ergänzt: «Für unseren Verein ist dies eine grosse Unterstützung. Wir organisieren viele Anlässe und leisten Helfereinsätze, mit denen wir unser Vereinsvermögen erarbeiten. Aus diesem Grund können wir den Jahresbeitrag sehr tief halten. Und wo gearbeitet wird, können Schäden passieren. Wir sind sehr dankbar, dass diese Schäden durch die SVK übernommen werden und nicht zulasten unseres erarbeiteten Vereinsmögens gehen.»
DAS WICHTIGSTE IN KĂśRZE
- Bei der SVK versichert ist nur, wer in der STV-Datenbank als aktives Mitglied erfasst ist.
- Bei Unfällen übernimmt die SVK Heilungskosten in Ergänzung zu Drittversicherungen und erbringt Kapitalzahlungen bei Todes- und Invaliditätsfällen. Auch bei Brillenschäden sowie Beschädigung und Verlust von Kontaktlinsen werden Leistungen entrichtet.
- Achtung: Von der Franchise werden nur 10 Prozent ĂĽbernommen. Hinzu kommt der gesetzlich vorgeschriebene Selbstbehalt.
- Es ist keine separate Vereinshaftpflicht-Versicherung nötig. Turnvereine und -verbände sind über die Sportversicherungskasse genügend abgesichert. Dies gilt auch für die Organisation und die Durchführung von Anlässen inklusive Turnfesten.
- Achtung: Bei Sachschäden wird nur der Zeitwert vergütet. Die Vereine haben keinen Selbstbehalt zu tragen. Schäden an Sportgeräten sind grundsätzlich von der SVK-Haftpflichtversicherung ausgeschlossen. Fix installierte Geräte wie Sprossenwand oder Basketballkorb hingegen sind inkludiert.
Von der Turnerhilfskasse zur Sportversicherungskasse
Die Idee, ein Sozialwerk zugunsten verunfallter Turner zu gründen, liegt bereits über 150 Jahre zurück: Am 19. Juni 1870 fand die Generalversammlung des Kantonalturnvereins Neuenburg statt. Hier wurde von Alphonse Matthey der Antrag gestellt, dass «eine Hilfskasse für verunfallte Turner zu gründen sei, da die Unfallgefahr viele junge Leute vom Turnen abhalte und eine Versicherung die Entwicklung des Turnens fördern würde».
Im Mai 1871 trat eine ausserordentliche Abgeordnetenversammlung (AV) der Neuenburger Turnerschaft zwecks Gründung eines «Schweizerischen Hilfsvereins für verunglückte Turner» zusammen. Der unterbreitete Statutenentwurf wurde auf den 1. Juli 1871 in Kraft gesetzt, und die Kasse nahm ihre Tätigkeit auf. Im Jahre 1900 wurde der Name auf «Schweizerische Turnerhilfskasse» geändert und der Beitritt für sämtliche Aktivmitglieder der zu versichernden Sektionen obligatorisch erklärt.