Am 5. April 2023 wurde von SRF ein Beitrag publiziert über Vorfälle rund um eine Trampolintrainerin im Nordwestschweizerischen Kunstturn- und Trampolinzentrum Liestal (NKL). Nachfolgend finden Sie weitergehende Informationen zu den Themen Ethik und Integrity und dem Fall im Trampolin sowie ein Interview mit der STV-Direktorin Béatrice Wertli in der Sendung "Rundschau"
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Allgemeine Informationen zu den Themen Ethik und Integrity
Werteversprechen des STV
Gemäss seinem Werteversprechen «Wir ermöglichen schweizweit Sport, Bewegung und Erlebnisse für alle, um Gemeinschaft und Wohlergehen zu schaffen.» steht der Schweizerische Turnverband (STV) für Respekt und einen ethisch korrekten Turnsport. Der STV setzt sich ein für den Schutz der physischen und psychischen Integrität und für eine gesunde, persönliche Entwicklung seiner Turnerinnen und Turner.
Untersuchungen Rudin Cantieni, Pachmann und der Ethikkommission des STV
In den Jahren 2020 und 2021 gab es mehrere, sehr umfangreiche Untersuchungen im Umfeld des STV und seiner Sportarten. Diese wurden durch externe Anwaltskanzleien (Rudin Cantieni im Auftrag des VBS (alle Turnsportarten) und Pachmann im Auftrag des STV (Rhythmische Gymnastik) sowie durch die STV-Ethikkommission (Kunstturnen, Trampolin) durchgeführt. Diese Untersuchungen gaben dem STV eine umfassende und unabhängige Beurteilung seines Handels in der Vergangenheit sowie eine Vielfalt von Handlungsempfehlungen für die Zukunft des Turnens in der Schweiz.
Der STV arbeitet seither mit Hochdruck daran, diese Empfehlungen schrittweise umzusetzen. Stets mit dem Ziel, seinen Turnerinnen und Turnern ein Umfeld zu ermöglichen, das die Athletinnen und Athleten sowie deren Wohl und persönliche Entwicklung ins Zentrum stellt. Mit der Umsetzung der Empfehlungen hat der STV einen Kulturwandel eingeläutet. Dieser Wandel stellt einen Prozess dar, welcher sehr umfangreich ist und Zeit benötigt. Auch wird der Prozess mit der Umsetzung der Empfehlungen nicht abgeschlossen sein, sondern er wird darüber hinaus auf die stetige Mitarbeit in diesen Themen durch alle beteiligten Personen und Organisation im Turnen in der Schweiz angewiesen sein.
Ethikkommission und Bereich «Ethik & Recht» des STV
Anfang des Jahres 2021 - noch vor der Gründung von Swiss Sport Integrity - nahm die verbandseigene Ethikkommission ihre Arbeit auf. Ende 2021 wurde innerhalb der Geschäftsstelle des STV neu der Bereich Ethik & Recht geschaffen. Mit diesen beiden Kompetenzzentren stärkt der STV seine Präventionsarbeit, bietet Beratungen an und ermöglicht die Umsetzung der Handlungsempfehlungen sowie die Entwicklung weiterer Massnahmen, um für gute Rahmenbedingungen und eine gute Atmosphäre in den Hallen und auf Sportplätzen zu sorgen. Zudem unterstreicht er damit den Anspruch, in Zukunft eine führende Rolle im Schweizer Sport in dieser wichtigen Thematik zu übernehmen.
Aktive Mitarbeit im Schweizer Sport und im internationalen Turnsport
Darüber hinaus hat sich der STV zum Ziel gesetzt, sich aktiv einzubringen und mitzuarbeiten, wenn es darum geht, neue Standards für den Schweizer Sport und für die internationale Turnfamilie zu definieren. So arbeitet der STV eng mit Turnverbänden anderer Nationen zusammen und hat unter anderem auch Einsitz genommen in der Begleitgruppe des Projektes «Ethik im Sport» des BASPO und von Swiss Olympic.
UnterstĂĽtzung fĂĽr die Schaffung von Swiss Sport Integrity (SSI)
Der STV hat die Schaffung einer unabhängigen, nationalen Melde- und Untersuchungsstelle für den Schweizer Sport befürwortet und unterstützt. Die zentrale Meldestelle und das übergeordnete Ethik-Statut sind ein wichtiges Zeichen für den gesamten Schweizer Sport und verstärken den Schutz - nicht nur von Athletinnen und Athleten, sondern auch von Trainerinnen und Trainern sowie Funktionären und Funktionärinnen. Gleichzeitig zeigt die vorliegende Thematik, wie komplex Untersuchungen sind.
Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Turnen, dezentrale Strukturen im Trampolin
Als Nationaler Dachverband hat der STV eine Vielzahl von Aufgaben und Verantwortlichkeiten.
- Aus- und Weiterbildung von Leitenden, Richter*innen und Funktionär*innen, mit dem Ziel seine rund 3000 Turnvereine zu unterstützen und weiterzuentwickeln.
- Bei der Ausbildung von Leitenden erfolgt die Ausbildung in engem Zusammenspiel mit Jugend+Sport, Erwachsenensport esa und der Trainerbildung Schweiz.
- Der STV verantwortet den Betrieb der nationalen Kader in den Sportarten Kunstturnen, Trampolin
,und Rhythmische Gymnastik (RG). - Im Trampolin und in der Rhythmischen Gymnastik trainieren alle Kaderathlet*innen dezentral in Regionalen Leistungszentren (RLZ). Diese werden durch kantonale Turnverbände oder regionale Trägerschaften betrieben. Die RLZ sind u.a. verantwortlich für das Bereitstellen der Infrastruktur, die Anstellung von Trainer*innen und die Umsetzung ethischer Standards im Trainingsbetrieb. Der STV unterstützt die RLZ dabei mit entsprechenden Unterstützungsbeiträgen.
- Nur in der Sportart Kunstturnen betreibt der STV ein eigenes, nationales Verbandszentrum fĂĽr die Nationalkaderathlet*innen.
- Der grösste Aufgabenbereich des STV betrifft jedoch das Sicherstellen der Durchführung von Wettkämpfen und Anlässen sowie die Ausbildung im Bereich Breitensport, in welchem die grosse Mehrheit der STV-Mitglieder zu Hause ist.
- Im Austausch mit der verbandseigenen Ethikkommission unterstützt und berät der STV weiter bei der Umsetzung der Vorgaben des Ethik-Statuts. Er setzt sich zudem für Angebote in der Prävention und der Ausbildung in Zusammenarbeit mit Swiss Olympic und dem BASPO ein.
- Der STV ist zuständig für die Finanzierung des Verbandes sowie den Einsatz und die Verteilung von Fördergeldern.
- Ăśbergeordnet zeichnet sich der STV verantwortlich fĂĽr eine Good Governance im Schweizer Turnsport.
Chronologie: Vorwürfe in der Sportart Trampolin 
Disclaimer
Bei Swiss Sport Integrity (SSI) läuft derzeit ein Verfahren, in welchem Vorwürfe im Trampolinsport untersucht werden. Bis zur Beendigung des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung. SSI wurde speziell dafür geschaffen, bei mutmasslichen Ethikverstössen umfassende Abklärungen durchzuführen und die Involvierten zu befragen und die Ergebnisse in einem Bericht festzuhalten. Im Schlussbericht werden allfällige Vorwürfe entsprechend bestätigt oder widerlegt. Diese Aufgaben gehören nicht zum Verantwortungsbereich des Schweizerischen Turnverbands (STV), sondern wurden der Institution SSI übertragen, die dank der inzwischen geschaffenen rechtlichen Grundlagen auch die notwendigen Kompetenzen besitzt. Der STV ist nicht als Partei in das Verfahren involviert und verfügt daher nicht über umfassende Aktenkenntnisse. Aus diesem Grund ist es ihm nicht möglich, detaillierte Aussagen zum Inhalt des laufenden Verfahrens zu machen. Die nachfolgende Chronologie erhebt auch deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 
Zeitraum von 2012-2021
Die Chronologie des in den Sendungen des Schweizer Fernsehens vom 5. April 2023 dokumentierten Falles im Trampolin beginnt im Jahr 2012. Die aktuelle Führung des STV übernahm die Leitung des Verbandes im März 2021.
Herbst 2021 
Im Herbst 2021 gab es interne Informationen über ein auffälliges Verhalten einer Trainerin in einem Regionalen Trainingszentrum (RLZ). Diese Informationen wurden vom STV an die RLZ-Verantwortlichen weitergeleitet. Ab Herbst 2021 wurden erste interne Massnahmen ergriffen. Der STV appellierte an die Verantwortung des RLZ und forderte dieses auf, Probleme anzusprechen und Lösungen im Interesse sämtlicher Involvierter zu finden. Es fanden regelmässige Sitzungen mit dem Nationaltrainer statt, welcher vor Ort Präsenz zeigte, um mitzuhelfen, die Situation zu verbessern.
November/Dezember 2021
Unabhängig von diesen Geschehnissen wurden im Verlauf des Jahres 2021, im Nachgang der Publikation der Magglingen-Protokolle, zwei externe Untersuchungen durchgeführt, in welchen die Sportart Trampolin Teil resp. Hauptgegenstand der jeweiligen Untersuchung war.
Am 16. November 2021 erschienen die Ergebnisse der Untersuchung der Anwaltskanzlei Rudin Cantieni, welche im Auftrag des VBS durchgeführt worden war. Darin wurde allfälliges Fehlverhalten in der Vergangenheit aufgearbeitet. Die Aufarbeitung erfolgte insbesondere mittels Befragungen von aktuellen und ehemaligen Swiss Olympic Card Holdern in der Sportart Trampolin. Auch gestützt auf diese wurde eine Beurteilung der Situation in dieser Sportart abgegeben (Untersuchung Rudin Cantieni, siehe Punkt 6.1.7., S. 29). Der Untersuchungsbericht beinhaltete zudem diverse konkrete Handlungsempfehlungen, für den STV aber auch für den Schweizer Sport insgesamt, durch welche die Einhaltung von Ethik-Grundsätzen besser sichergestellt werden kann. 
Am 30. Dezember 2021 wurde sodann eine Untersuchung der Ethikkommission des STV zu Thematiken in der Sportart Trampolin abgeschlossen. Gestützt auf den Schlussbericht entstand seitens STV der Eindruck einer generellen Verbesserung der Situation. Einbezogen in die Einschätzung des STV zur Gesamtsituation wurden dabei auch diverse Gespräche sowie Berichte durch Personen vor Ort, in der Halle oder an Wettkämpfen.
Januar 2022
Per 1. Januar 2022 wurde die Stiftung Swiss Sport Integrity (SSI) operativ tätig. Die unabhängige, sportartenübergreifende Meldestelle ermöglicht es, bei Kenntnis von Vorfällen Meldung zu machen. Gegebenenfalls wird eine Untersuchung eröffnet.
Februar/März 2022
Aufgrund neuer DrittiInformationen betreffend dem Trainingsbetrieb  - kombiniert mit Beobachtungen des Nationaltrainers vor Ort - kam der STV zur Einschätzung, dass sich die Situation vor Ort entgegen der Wahrnehmung von Ende 2021 nicht verbessert, sondern zugespitzt hatte. Aus diesem Grund beschloss man am 14. März 2022, eine Meldung bei SSI zu machen. Diese wurde am 22. März 2022 eingereicht.
Der STV war in diesem Zeitpunkt nicht darüber in Kenntnis, dass das SSI am 21. März 2022 vorläufige Massnahmen angeordnet und am 22. März 2022 ein Verfahren in dieser Sache eröffnet hatte. Erst am 23. März 2022 wurde der STV - in seiner Funktion als Dachverband, nicht aber als Verfahrenspartei – über die Eröffnung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt.
Am 25. März 2022 wurde der STV darüber informiert, dass gegen die provisorisch verfügte Suspendierung der Trainerin Einsprache erhoben wurde. Diese Einsprache führte zu einer Aufhebung der provisorisch verfügten Massnahmen durch die Disziplinarkammer (DK). 
Unbesehen der teilweisen Aufhebung der provisorischen Massnahmen durch die DK beschloss der STV (aufgrund der ihm vorliegenden Informationen bzw. seiner Erkenntnisse aus den Monaten Februar/März 2022), dass er selbst gewisse Massnahmen – soweit in seinem Verantwortungsbereich liegend – trifft. So wurde die Trainerin zum Schutz sämtlicher Involvierten, auch zu ihrem eigenen, in STV-Funktionen, in denen sie in direktem Kontakt zu Athlet*innen gestanden hätte, bis auf Weiteres nicht mehr aufgeboten (so u.a. für Trainingslager, -weekends und Wettkämpfe).
April bis November 2022 
Auch nachdem die vorläufigen Massnahmen vollständig aufgehoben wurden, behielt der STV seine Einschränkungen gegenüber der Trainerin bei. 
Im April fand eine Besprechung zwischen dem STV und dem Regionalen Leistungszentrum statt. In dieser wurde von Seiten STV auf die personalrechtliche Verantwortung des RLZ für die Trainerin als deren Arbeitgeberin sowie auf mögliche Konsequenzen hingeweisen. 
Im Laufe der Monate April bis November 2022 stellten sich für den STV generell diverse weitere Fragen im Zusammenhang mit laufenden Verfahren bei SSI. So beispielsweise betreffend den Einsatz an J+S-Expertenkursen, für welche der Dachverband jeweils eine entsprechende Empfehlung abzugeben hat. Da es hierzu noch keine Praxis gab, entschied sich der STV (auch nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Sport, BASPO) trotz geltender Unschuldsvermutung bis zum Abschluss der Untersuchung auf eine Empfehlung zu verzichten. 
Über den weiteren Verlauf des Verfahrens bei SSI wurde der STV in diesen Monaten nicht mehr informiert – er war bzw. ist auch nicht Verfahrenspartei. 
Dezember 2022
Auf Nachfrage des STV teilte SSI mit, dass die Untersuchung noch weitere Zeit in Anspruch nehmen werde. 
Stand April 2023
Das Verfahren ist nach Kenntnisstand des STV noch nicht abgeschlossen. Die Trainerin wird vom STV bis auf weiteres nicht in Funktionen aufgeboten, in denen sie im direkten Kontakt zu Athlet*innen steht. Es gilt die Unschuldsvermutung.