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«Turngeräte bleiben sehr lange erhalten. Eine konkrete Lebensdauer gibt es nicht», erklärt Sandro Wehrli, Leiter Marketing und Verkauf beim Gerätehersteller «Alder und Eisenhut». Was geschieht, wenn Pauschenpferde, Langbänke oder Matten dennoch am Lebensende angekommen sind? Viele werden vom Hersteller auseinander gebaut und weiterverarbeitet. «Wir erhalten aber auch Anfragen von Privatpersonen, die Interesse an ausgedienten Turngeräten haben», sagt Wehrli.
Einer, der sich dieselbe Frage gestellt und daraus eine Geschäftsidee gemacht hat ist Rico Steiner. Der Oberturner des TV Ebnat-Kappel ist Schreinermeister und wohnt in unmittelbarer Nähe des Firmengeländes von «Alder und Eisenhut». Es war naheliegend, dass er ausgedienten Turngeräte neues Leben einhauchen will. Steiner bereitet diese aber nicht für die Wiederverwendung im Turnen auf, sondern verwandelt sie in Möbelstücke. In seiner Werkstatt wird aus einer Sprossenwand ein Raumtrenner, aus einem Schwedenkasten ein Sideboard oder aus einem Sprungbock ein Sitzhocker.
BedĂĽrfnisse geweckt
Steiner ist nicht der Einzige, der dem Upcycling-Trend aufgesprungen ist. Ähnlich tönt es bei Reto Langenegger. Der 45-jährige Sportlehrer aus Flums hat vor sieben Jahren in seiner Freizeit angefangen Turngeräte umzubauen. «In meinem Beruf als Sportlehrer komme ich täglich in die Berührung mit Schwedenkasten und Co. Als in der Schule vor Jahren eine neue Turnhalle gebaut wurde, fand ich es bedauernswert, dass die alten Geräte entsorgt werden sollten», erinnert er sich. Im Internet ist er auf die Möbel-Idee gestossen. «Weil ich während meines Studiums häufig in einer Zimmerei ausgeholfen hatte, habe ich ein Flair für die Arbeit», erklärt der Sportlehrer sein besonders Hobby. Nachdem er Sportgeräte für den Eigengebrauch umgebaut hatte, merkte er bald, dass auch in seinem Umfeld das Bedürfnis danach gross war. So wurden es immer mehr, die er neben seinem Vollzeit-Pensum an der Kantonsschule Sargans umzubauen begann.
Kultcharakter mit Geschichte
Während der Flumser seine Kreationen explizit als Hobby baut, hat Rico Steiner konkrete Pläne. Im vergangenen Frühling hat sich der 30-Jährige selbstständig gemacht und konnte mit dem Turngeräte-Hersteller aus der Nachbarschaft eine Vereinbarung treffen, so dass er im grösseren Stil produzieren kann. Noch steht der Aufbau seines Betriebs im Vordergrund, doch das Interesse an seinen Möbeln ist vorhanden.
Neben der Turnfaszination sei es auch der Wegwerf-Gedanke, der Steiner zu dieser Idee getrieben habe: «Ich dachte mir, wieso etwas entsorgen, wenn man es auch in einer anderen Form weiterverwenden kann.» Der Kreativität und Ideen sind bei den Geräten kaum Grenzen gesetzt. «Jedes Gerät an sich ist spannend, es umzuwandeln», betont der 30-Jährige und Langenegger ergänzt: «Sie haben Kultcharakter. Hinter jedem steckt eine Geschichte.»
Warteliste bei Occasion-Matten
Nicht alle gebrauchten Turngeräte erhalten durch kreative Ideen ein zweites Leben. Haben die Geräte ausgedient, landen sie oft beim Hersteller. «Sie werden ausgebaut und je nachdem weiterverarbeitet», erklärt Wehrli. Holzteile eines Schwedenkastens werden für die Heizung benutzt. «Auch Barrenholmen werden wieder aufbereitet und für das Sprungkasten-Parcours-Set neu verwendet», erklärt Sandro Wehrli. «Anfragen für ausgediente Turngeräte sind meistens auf Einzelstücke beschränkt», erklärt er. Die Nachfrage nach alten Turnmatten sei aber besonders hoch, so Wehrli: «Hier haben wir zeitweise eine Warteliste.»
Upcycling-Ideen, wie jene von Steiner und Langenegger kommen auch beim Gerätehersteller an. «Wir finden solche Projekte toll. Vor allem, wenn unser Material so weiterleben kann», freut sich Wehrli.
Von Bar-Einrichtung bis Taschen
Alten Turngeräten als Möbelstücke eine zweite Chance gibt seit über zehn Jahren der Deutsche Andreas Gröbel. Seine Firma «Zur schönen Linde» hat schon ganze Bar-Einrichtungen damit umgestaltet. In Turnkreisen hat sich auch die Idee von Bernd Dörr herumgesprochen. Unter dem Namen «Zirkeltraining» designt der Deutsche aus Turnmatten und Bock-Überzügen Taschen, Rucksäcke und ähnliches. Seit 2007 sind seine Produkte auf dem Markt.