Die Jagd nach Nummer 50

  • 21. Juli 2024

  • Thomas Ditzler

  • Archiv STV

Ein Jahrhundert nachdem die Olympischen Ringe zum letzten Mal in Paris gastiert haben, kehren die Spiele diesen Sommer in die Stadt an der Seine zurück. Ein Blick zurück lohnt sich aus Schweizer Kunstturn-Sicht allemal. Erst recht, weil ein Meilenstein kurz bevorstehen könnte.

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Die Schweiz ist Fussball-Europameister! Zum ersten und bisher einzigen Mal. Jedenfalls wurde dies später in Bezug auf die Olympischen Spiele 1924 so aufgefasst. Denn die Nationalmannschaft verlor am olympischen Turnier vor 100 Jahren in Paris einzig gegen Uruguay (0:3) und stellte so die beste europäische Mannschaft.

Während sich die Schweizer Fussballer unter Trainer Teddy Duckworth in Paris über Silber erfreuen konnten, sorgten die Schweizer Kunstturner in der langen Geschichte der Olympischen Spiele vor 100 Jahren für ein erstes grösseres Ausrufezeichen. Zwar gewannen Louis Zutter 1896 in Athen und Adolf Spinnler 1904 in St. Louis an den Austragungen zuvor bereits viermal turnerisches Edelmetall. In Paris 1924 heimsten die Kunstturner aber von den insgesamt 25 Medaillen, welche die 127-köpfige Schweizer Delegation gewann, mit sieben Podestplätzen einen bemerkenswerten Medaillen-Anteil ein. Mit August Güttinger (Barren) und Josef Wilhelm (Pauschenpferd) krönten sich zudem zwei Schweizer zu Olympiasiegern. Komplettiert wurde der turnerische Medaillensatz vor 100 Jahren mit je zwei weiteren Silber- und Bronzemedaillen im Einzel, sowie der Bronzemedaille im Mannschaftsmehrkampf.

Start einer einzigartigen Medaillenserie

In jener Mannschaft gehörte damals zum ersten Mal auch ein gewisser Georges Miez dazu. In Paris begann die lange und erfolgreiche olympische Karriere des damals 19-jährigen Winterthurers. Miez gewann in seiner Aktivzeit an Olympischen Spielen viermal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze (1924 in Paris). Mit seinen acht olympischen Auszeichnungen ist der 1999 verstorbene Miez nach wie vor der erfolgreichste Schweizer Olympionike der Geschichte. Die Olympischen Spiele 1924 waren nicht nur Startschuss von Miez’ Karriere, sondern gleichzeitig auch der Beginn einer einzigartigen Medaillen-Serie für das Schweizer Kunstturnen.

Li beendet Durststrecke

Zwischen Paris 1924 und Helsinki 1952 reiste die Schweizer Kunstturn-Riege sechsmal in Folge jeweils mit mindestens einer Medaille von Olympischen Spielen nach Hause. Erst nach den sieben Medaillen von Helsinki 1952, darunter Reck-Gold für Jack Günthard und Barren-Gold für Hans Eugster, begann für die Schweiz an Olympischen Spielen eine 44 Jahre dauernde Durststrecke, ehe Donghua Li mit seinem Sieg in Atlanta am Pauschenpferd die Schweizer Kunstturnszene 1996 wieder zum Jubeln brachte.

Lis Erfolg bleibt bislang aber der letzte auf Seiten des Männer-Kunstturnens. Auf eine beachtliche Serie kann das Kunstturnen aber in Sachen Teilnahmen an Olympischen Spielen zurückblicken. In den 100 Jahren seit Paris 1924 fanden nur zwei Spiele (1956 in Melbourne und 1980 in Moskau) ohne Schweizer Turner statt. Oder anders ausgedrückt: In den letzten 100 Jahren turnten die Schweizer 21-mal unter den olympischen Ringen.

Steingruber mit Premiere

Während auf Männerseite bereits 48-mal olympisches Edelmetall bejubelt werden konnte, schaffte bei den Frauen in der Neuzeit der Spiele bislang einzig Giulia Steingruber den Sprung aufs Olympia-Podest. Steingrubers Bronzemedaille im Sprung in Rio de Janeiro 2016 ist zugleich gesamthaft betrachtet auch der bislang letzte Kunstturn-Erfolg.

120 Jahre nachdem Louis Zutter in Athen für die ersten Medaillen besorgt war, war Steingrubers Erfolg gleichbedeutend mit der insgesamt 49. Schweizer Kunstturn-Medaille. In Paris hat die Schweizer Kunstturn-Olympia-Delegation diesen Sommer somit eine weitere Möglichkeit, in Form der 50. Medaille, ein olympisches Jubiläum feiern zu können. Parallelen zu Paris 1924 besteht in diesem Sommer auch für die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, würde diese an der EM in Deutschland einen weiteren Erfolg verbuchen. Die Parallelen zwischen Kunstturnen und Fussball könnten ein Jahrhundert nach den Olympischen Spielen in Paris für diesen Sommer kaum besser sein. Träumen soll an dieser Stelle erlaubt sein.

Schweizer Medaillengewinne Kunstturnen an Olympischen Spielen

1896 (Athen)

  • Louis Zutter (1. Pauschenpferd / 2. Barren und Pferdsprung)
     

1904 (St. Louis)

  • Adolf Spinnler (1. Dreikampf / 3. Mehrkampf)
     

1924 (Paris)

  • August Güttinger (1. Barren / 3. Tauhangeln)
  • Jean Gutweniger (2. Reck und Pauschenpferd)
  • Josef Wilhelm (1. Pauschenpferd)
  • Antoine Rebetez (3. Pauschenpferd)
  • A. Güttinger, J. Gutweniger, H. Grieder, G. Miez, J. Wilhelm, O. Pfister, C. Widmer und A. Rebetez (3. Mannschaftswettkampf)
     

1928 (Amsterdam)

  • Georges Miez (1. Mehrkampf und Reck / 2. Pauschenpferd)
  • Hermann Hänggi (2. Mehrkampf / 1. Pauschenpferd; 3. Barren)
  • Eugen Mack (1. Pferdesprung / 3. Reck)
  • G. Miez, H. Hänggi, E. Mack, M. Wezel, E. Steinemann, A. Güttinger, H. Grieder, O. Pfister (1. Mannschaftswettkampf)
     

1932 (Los Angeles)

  • Georges Miez (2. Boden)
     

1936 (Berlin)

  • Eugen Mack (2. Mehrkampf / 3. Boden / 2. Pferdsprung und Pauschenpferd)
  • Georges Miez (1. Boden)
  • Josef Walter (2. Boden)
  • Michael Reusch (2. Barren)
  • Albert Bachmann (3. Pauschenpferd)
  • E. Mack, M. Reusch, E. Steinemann, W. Bach, A. Bachmann, G. Miez, J. Walter, W. Beck (2. Mannschaftswettkampf)
     

1948 (London)

  • Walter Lehmann (2. Mehrkampf / 2. Reck)
  • Josef Stalder (1. Reck; 3. Barren)
  • Karl Frei (1. Ringe)
  • Michael Reusch (2. Ringe / 1. Barren)
  • Christian Kipfer (3. Barren)
  • W. Lehmann, J. Stalder, C. Kipfer, E. Studer, R. Lucy, M. Reusch, M. Thalmann, K. Frei (2. Mannschaftswettkampf)
     

1952 (Helsinki)

  • Josef Stalder (3. Mehrkampf / 3. Barren / 2. Reck)
  • Hans Eugster (1. Barren / 3. Ringe)
  • Jack Günthard (1. Reck)
  • J. Stalder, H. Eugster, J. Tschabold, J. Günthard, M. Thalmann, E. Gebendinger, H. Schwarzentruber, E. Fivian (2. Mannschaftswettkampf)
     

1996 (Atlanta)

  • Donghua Li (1. Pauschenpferd)
     

2016 (Rio de Janeiro)

  • Giulia Steingruber (3. Sprung)
     

Platin Partner

Gold Partner

Silber Partner

Bronze Partner

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