Zur Person
Christian Giger
Geburtsdatum: 31. August 1990
Wohnort: Gais
Beruf: Fachspezialist für Zoll- und Grenzsicherheit
Hobby: Kochen, Turnsport
Verein: TV Bühler
Christian präsidiert seit Ende 2020 den Appenzellischen Turnverband. Davor war er 11 Jahre Präsident des TV Bühler.
Samuel Giger
Geburtsdatum: 24. März 1998
Wohnort: Ottoberg
Beruf: Lastwagen-Chauffeur
Hobby: Schwingen
Verein: Schwingklub am Ottenberg, Turnverein Märstetten
Samuel ist unter anderem Sieger der Jahrespunkteliste 2021 des eidgenössischen Schwingerverbandes. 2021 siegte er am Kilchberger Schwinget. 50 Kränze und 25 Kranzfestsiege hat er bislang gewonnen (Stand: Redaktionsschluss).
– Anzeige –
Sie sind gross, so richtig gross. Zwei Hünen aus der Ostschweiz. Während Samuel Gigers Körper 1,94 Meter misst, überragt ihn sein acht Jahre älterer Bruder Christian gar noch um einen Zentimeter. «Ein wichtiges Detail», wie Christian mit einem Lächeln hinzufügt. Die beiden Ostschweizer – Christian lebt im appenzellischen Gais, Samuel im thurgauischen Ottoberg – passen so gar nicht in das weitverbreitete gängige Klischee, das Appenzeller eher kleingewachsen sind.
Die Grösse, sie ist nur eine von vielen Gegebenheiten, welche die beiden Brüder verbindet. «Der Sport hatte in unserem Leben schon früh einen wichtigen Stellenwert», sagt Samuel Giger. Während er sich dem Schwingsport verschrieben hat, zieht es Christian zum Turnen. Mit bislang 25 Kranzfestsiegen, 50 gewonnenen Kränzen (Stand: Redaktionsschluss) und dem Sieg am Kilchberger Schwinget 2021 hat der 24-jährige Samuel den Schwingsport in den vergangenen Jahren massgeblich geprägt.
Vom Verein zum Verband
Eine prägende Rolle hat seit Ende 2020 auch Christian inne. Nach elf Jahren als Vereinspräsident beim TV Bühler, hat der 31-Jährige an die Verbandsspitze des Appenzellischen Turnverbandes gewechselt. «Ich bin früh ins ehrenamtliche Engagement gerutscht. Dieses hat in mir grosse Begeisterung geweckt», blickt Christian auf seine Anfänge zurück.
Bei Samuel wurde hingegen schon früh das Talent fürs Schwingen entdeckt. «Bereits ein grosser Teil der Verwandtschaft hat einst selbst geschwungen oder tut es immer noch», erzählt er. Grossen Anteil habe Vater Emil gehabt, der unter anderem zweifacher Eidgenössischer Kranzschwinger ist. Es lag auf der Hand, dass der Giger-Nachwuchs in die Zwilchhosen steigt. Die Giger-Familie besteht aus sechs Geschwistern. Vier Buben und zwei Mädchen. Auch Christian versuchte in jungen Jahren, ein Böser zu werden: «Mir fehlte als Schwinger aber der letzte Biss. Ich musste öfters Sägemehl ‹fressen›.» Nach einer Saison war bei Christian Schluss.
Schweizer Meister im Nationalturnen
Ganz anders bei Samuel, der neben dem Schwingen auch Erfolge als Nationalturner des Turnvereins Märstetten feiern konnte und vierfacher Schweizer Meister bei den Aktiven (2014/15/16/18) ist. «Irgendwann kam ich aber an den Punkt, an dem ich nicht mehr beide Sportarten mit demselben Ehrgeiz betreiben konnte», sagt Samuel. Der Entscheid fiel so aufs Schwingen: «Hier sah ich mehr Potenzial.»
Während Samuel im Schwingkeller blieb, fand Christian über die Jugendriege die Begeisterung zum Turnen. «Das gemeinsame Trainieren, Wettkämpfe bestreiten und Erfolge feiern sind drei Aspekte, die mich über all die Jahre im Turnen gehalten haben», erklärt Christian seine Faszination. Auch wenn die beiden Brüder sportlich einen anderen Weg eingeschlagen haben, so verbindet sie in ihrer Art und beim Ausüben ihres Sports einiges. «Samuel ist ehrgeizig, sehr diszipliniert und hat einen eisernen Willen», beschreibt Christian seinen jüngeren Bruder. Dieser erwidert: «Christian hat die ähnlichen Charakterzüge.» Seinen Ehrgeiz zeige sich zwar nicht im aktiven Sport wie bei ihm. «Was Christian anpackt, hat Hand und Fuss. Wille und Ehrgeiz sowie das Pflichtbewusstsein benötigt er für seine ehrenamtlichen Ämter ebenfalls», so Samuel weiter. Beide setzen sich mit viel Herzblut für ihren Sport ein. «Wir machen keine halben Sachen», betont Samuel.
Verpflichtung für mehrere Jahre
Dass war auch bei Christian klar, als er sich Ende 2020 als neuer Verbandspräsident des Appenzellischen Turnverbandes wählen liess. «Wenn man in diesem Amt etwas bewirken will, reichen nicht nur drei Jahre», meint er und ergänzt: «Es ist ein Amt, in dem ich mich über einen längeren Zeitraum verpflichtet fühle.» Neben dem grossartigen Team, das er im Verband vorgefunden habe, sei es auch die Chance, einen anderen Aspekt im sportlichen Engagement sehen zu dürfen. Dies habe ihn zur Zusage bewogen. «Das Präsidialamt hat eine sehr hohe Bedeutung», sagt der 31-Jährige.
Wie wichtig ihm dieses Engagement ist, zeigt sich darin, dass Christian in seinem Beruf als Fachspezialist für Zoll- und Grenzsicherheit zurückgesteckt hat und sich so mehr Zeit für sein Ehrenamt geschaffen hat. «Besuche auf dem Wettkampfplatz sind mir sehr wichtig und benötigen Zeit. Die Verbandsarbeit darf nicht vernachlässigt werden», betont er. Gleichzeitig betont er auch das Verständnis und die Flexibilität seines Arbeitgebers.
80 Prozent als Zauberformel
Die Zauberformel, nicht mehr 100 Prozent zu arbeiten, wie es Christian nennt, hilft auch seinem Bruder, um im Schwingen weiterhin zu den Besten des Landes zu gehören. Wie Christian, arbeitet auch Samuel in einem 80-Prozent-Pensum: «Dadurch kann ich mich intensiver dem Schwingen widmen.» Der Lastwagen-Chauffeur hat dadurch den Kopf frei für seinen Sport. Denn: «Dem Schwingsport ordne ich alles unter.»
Das grosse Engagement der beiden hinterlässt auch im Familienleben seine Spuren. «Wir sehen uns nicht so oft, da wir beide sehr beschäftigt sind», sagt Samuel. Die gemeinsame Zeit, die sich ergibt, bestens zu nützen, haben die Giger-Brüder schon früh gelernt. Durch die Scheidung ihrer Eltern, sind sie die grösste Zeit ihrer Kindheit nicht gemeinsam aufgewachsen. Samuel zog es mit der Mutter nach Ottoberg, während Christian beim Vater im Appenzellerland blieb. «Auch wenn wir nicht als typische Geschwister aufgewachsen sind, haben wir unter allen Geschwistern eine super Beziehung», schwärmt Samuel.
Die Familie, sie ist ein wichtiger Rückhalt. Gerade in diesem Sommer, der sowohl für Turner Christian als auch für Schwinger Samuel nach der Corona-Pause wieder zahlreiche sportliche Höhepunkte liefert. Die Freude auf die Turnfeste ist gross, sagt Christian: «Ich habe sie vermisst. An den Festen will man sich mit anderen Vereinen messen. Diese Wettkämpfe sind es, die uns Turnende antreibt.» Die Turnfeste seien für ihn immer der Schlusspunkt einer langen Trainingsphase. «Diesen Schlusspunkt wollen wir im Sommer setzen und danach auch feiern. Dass ist es doch, was das Turnen auszeichnet», so Christian weiter.
Wieder eine «normale» Saison
Grund zum Feiern möchte Ende August auch Samuel haben. Mit dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Pratteln (ESAF) steht sein Höhepunkt unmittelbar bevor. Gegen aussen wirkt der Mitfavorit auf den Königstitel noch gelassen. Viel mehr betont er, dass er nach zwei speziellen Jahren froh sei, dass die Schwinger wieder eine «normale» Saison erleben: «Natürlich freue ich mich riesig aufs ESAF. Ziel ist es, die bestmögliche Leistung abzurufen – aber auch gesund zu bleiben. Wir werden sehen, was am Ende dabei herausschaut.»
Christian betrachtet das Jahr nach der Pandemie noch etwas globaler: «Es ist das Wichtigste, dass wir den Sport, welchen wir so gerne betreiben, auch wieder dem Publikum präsentieren können.» Sich vor Zuschauenden zu zeigen, bedeutet auch Werbung für den Nachwuchs zu machen.
«Das A und O ist es die Freude zu teilen und diese an die nächste Generation weiterzugeben. Damit sie sehen, was im Sport möglich ist», betont der Verbandspräsident. Emotionen, welche am 28. August auch Samuel mit den rund 50'000 Schwingfans in der ESAF-Arena teilen will. Durchaus möglich, dass der 24-Jährige in Pratteln dann nicht nur wegen seiner Körpergrösse die ganze Konkurrenz in den Schatten stellen wird.