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Zur Person
Sarah Hüsler war früher als Kunstturnerin aktiv und gehört seit mittlerweile rund zwanzig Jahren dem permanenten OK-Team des Gym Center Emme an. Viele Jahre hatte sie dabei die Wettkampfleitung unter sich. Seit drei Jahren ist sie OK-Präsidentin. Sarah Hüsler ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Münchenbuchsee.
Sarah, in den letzten drei Jahren hat euer Verein vier Schweizer Meisterschaften im Kunst- und Geräteturnen organisiert. Schon allein eine SM zu organisieren, ist ein enormer Aufwand – ihr habt vier durchgeführt. Wie schafft ihr das?
Sarah Hüsler: Ich glaube, unser Erfolgsrezept ist das permanente OK, das wir bei uns im Verein seit vielen Jahren installiert haben. Diese Gruppe von 12 bis 14 Leuten organisiert jedes Jahr zwei grössere Events in unserem Verein. Entsprechend ist in diesem OK sehr viel Erfahrung und Know-How vorhanden, wenn es ums Organisieren von Events geht.
Das klingt nach einem interessanten Konzept. Aus welchen Gründen ist dieses «permanente OK» denn entstanden?
Kunst- und Geräteturnen leben davon, dass es Vereine gibt, die Anlässe organisieren, damit der Nachwuchs daran teilnehmen kann. Bei uns in der Region Bern gab und gibt es aber leider nicht so viele Vereine, welche dieser Aufgabe nachkommen können. Als wir im Jahr 2000 eine eigene Kunst- und Geräteturnhalle gebaut hatten, haben wir es zu einem Teil unseres Konzepts gemacht, dass wir sehr regelmässig Anlässe durchführen wollen. Um dieses Ziel umzusetzen, haben wir damals das permanente OK ins Leben gerufen und organisieren seither zwei Anlässe pro Jahr.
Was ist eure Motivation, jedes Jahr mindestens zwei grössere Wettkämpfe wie kantonale Meisterschaften, Verbandswettkämpfe oder auch Schweizer Meisterschaften zu organisieren.
Die Hauptmotivation ist, dass wir unseren Turnerinnen auf diese Weise die Möglichkeit bieten wollen, «zuhause» an Wettkämpfen teilzunehmen. Das ist immer etwas ganz Besonderes und bleibt in Erinnerung. Allerdings ist es schon auch so, dass die Organisation dieser Anlässe für uns als Verein eine wichtige Einnahmequelle ist, um den Trainingsalltag mit professionellen Leitenden und vor allem auch unsere eigene Halle zu finanzieren.
Die Organisation dieser Anlässe gibt sehr viel zu tun. Da reicht ein permanentes OK noch lange nicht aus. Wie habt ihr bei euch im Verein das Helferwesen aufgebaut?
Wer bei uns im Verein Mitglied ist, der weiss, dass er nicht einfach nur Mitglied ist und die Trainings besuchen kann, sondern dass er auch an den beiden Anlässen, die wir organisieren, mithelfen muss. Das Mithelfen gehört seit mehr als zwanzig Jahren zu unserer Vereinskultur und hat sich mittlerweile gut etabliert.
Was heisst das genau?
Das heisst, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen alle unsere 80 Mitglieder zwei Helfereinsätze pro Jahr à mindestens zehn Stunden an den beiden Veranstaltungen leisten, die wir organisieren. So können wir kantonale Veranstaltungen ohne externe Hilfe durchführen. Speziell in unserem Verein ist, dass er ausschliesslich aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen besteht – ohne eigentliche Aktivriege. Wir sind deshalb stark auf die tatkräftige Hilfe der Eltern angewiesen. Auch das OK besteht zu 100 Prozent aus Eltern und nicht aus Turnerinnen. Dies ist in der Schweiz sicher eher die Ausnahme.
FĂĽr die Schweizer Meisterschaften reichen die helfenden Eltern aber nicht.
Nein, da brauchen wir deutlich mehr Support. Unsere Mitglieder helfen tatkräftig mit, in ihrem Umfeld weitere Helferinnen und Helfer zu rekrutieren – Freunde, Nachbarn, Kollegen und Familienmitglieder. Alle helfen mit. Auch unsere ehemaligen Mitglieder und unsere Ehrenmitglieder packen mit an. Die Schweizer Mannschaftsmeisterschaften sind ein Anlass in einer bisher nie erreichten Grösse. Deshalb suchten wir für den Wettkampf vom 11./12. November auch ausserhalb des Vereins Helferinnen und Helfer. Erstmals haben wir deshalb auch Turnvereine aus der Region, die uns unterstützen.
Dann war das Finden der Helferinnen und Helfer also kein Problem fĂĽr euch.
Das täuscht. Es ist die wohl grösste Herausforderung für uns, genügend Helferinnen und Helfer zu finden, um einen Event wie die Schweizer Meisterschaften durchführen zu können. Aber letztlich haben wir es bisher immer geschafft – auch ohne die Helfenden mit Geschenken zu locken.
Tatsächlich?
Ja, wer bei uns mitanpackt, der tut das, weil es bei uns im Verein dazugehört. Wir bieten unseren Mädchen und Turnerinnen eine tolle Turninfrastruktur in einer 50 Meter langen Trainingshalle sowie einzigartigen Leiterinnen und Leitern und freuen uns, wenn unsere Turnerinnen viele regionale und nationale Erfolge erzielen können. Dies wiederum spornt auch die Eltern und das Umfeld an, Anlässe für unsere Turnerinnen mitzuorganisieren. Und dank den Anlässen erleben unsere Turnerinnen tolle Heimwettkämpfe, die wiederum unseren Turnbetrieb mitfinanzieren.
Nach so vielen Events, die ihr in den letzten Jahren durchgeführt habt – wie hat sich die Organisation dieser Veranstaltungen verändert? Gibt es heute Dinge, die wichtiger sind als früher oder umgekehrt?
Grundsätzlich kann man festhalten, dass die Anforderungen an die Veranstalter gestiegen sind. Das merkt man beispielsweise an der Infrastruktur. Die muss wenn möglich Platz für mehr Zuschauer bieten als früher und vor allem müssen die Geräte im Kunstturnen normiert sein. Früher sah man das noch viel entspannter. Entsprechend sind Aufwand und Kosten für den Aufbau der Infrastruktur deutlich gestiegen. Dasselbe gilt auch für die Eventtechnik. Mittlerweile reicht es nicht mehr, einfach ein paar coole Scheinwerfer zu haben, die für gutes Licht sorgen. Die Zuschauer erwarten, dass der gesamte Event eine Show ist. Kommt hinzu, dass auch ein Livestream mittlerweile fast schon Pflicht ist. Das bieten wir in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem STV auch zum ersten Mal an. Der gesamte Technikbereich ist also auch aufwändiger und teurer geworden. Und dann gibt’s noch eine Herausforderung, mit der wir besonders zu kämpfen haben.
Welche ist das?
Das Sponsoring. FĂĽr uns wird es immer schwieriger, genĂĽgend Sponsoren zu finden, weil wir so viele Events organisieren. Das ist vermutlich der einzige Nachteil, den wir haben, weil wir so aktiv sind (lacht).
Trotz der gestiegenen Anforderungen – würdest du anderen Vereinen die Organisation von solchen Veranstaltungen empfehlen?
Ja, auf jeden Fall! Einerseits ist es mega wichtig für unsere Sportart, dass es genügend Veranstalter gibt. Und andererseits «fägt» es einfach, als Verein eine solche Veranstaltung zu organisieren. Natürlich sind es «sauanstrengende» Weekends, da müssen wir uns nichts vormachen. Aber es sind immer auch einmalige, unvergessliche Erlebnisse, auf die man stolz zurückschauen kann. Es schweisst einen Verein zusammen, wenn man derartige Events auf die Beine stellt.
Hast du ein paar Tipps fĂĽr Veranstalter, die noch nicht ganz so viel Erfahrung mitbringen? Worauf sollen sie besonders achten?
Ich kann zukünftigen Veranstaltern empfehlen, eine langfristige Planung der Anlässe vorzunehmen und vielleicht auch mit repetitiven regionalen Anlässen zu beginnen, sodass eine Lernkurve entstehen kann. Zudem kann ich das System «permanentes OK» sehr empfehlen, wobei die Aufgaben im OK auf möglichst viele Schultern verteilt werden sollen. Wir führen auch diverse Co-Ressorts, damit die Arbeitslast nicht zu viel wird und sich die Ressort-Chefs vertreten können. Fürs Material spannen wir jeweils mit den verschiedenen Vereinen und Organisatoren aus der Umgebung zusammen, damit die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden und ein Teil des Materials für die Anlässe gleich gemeinsam angeschafft werden kann.
Wie siehts bei euch im Gym Center Emme aus – geht eure Serie von Schweizer Meisterschaften, die ihr organisiert, noch weiter?
Ja, ein Jahr geht sie noch weiter (lacht). 2024 organisieren wir die Schweizer Meisterschaften Geräteturnen Turnerinnen Einzel. Danach folgt wieder eine Serie von kantonalen Anlässen.
Warum?
Einerseits ist der Aufwand deutlich geringer und andererseits – und das ist der Hauptgrund – können bei den kantonalen Wettkämpfen alle unsere Turnerinnen antreten. Bei der SM waren es auch immer ein paar, aber natürlich nie alle.